Wer Schüler oder Studenten beschäftigt, der sollte einige Besonderheiten im Sozialversicherungsrecht kennen und beachten. Stellt man es richtig an, macht die geringe Abgabenlast solche befristeten Aushilfsjobs für beide Seiten zusätzlich attraktiv.
Arbeiten in den Semesterferien
Kurzfristige Beschäftigung in den Semesterferien
Eine in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfreie Beschäftigung liegt vor, wenn diese im Voraus vertraglich oder aufgrund ihrer Eigenart (z. B. Aushilfe bei einem zeitlich begrenzten Volksfest) auf nicht mehr als 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage begrenzt ist. Seit einigen Jahren stehen diese beiden Zeitgrenzen gleichberechtigt nebeneinander.
Kurzfristige Vorbeschäftigungen in demselben Kalenderjahr sind bei der Prüfung der Einhaltung der zeitlichen Grenzen mit anzurechnen. Dabei werden auch kurzfristige Beschäftigungen mit einem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt bis zur Geringfügigkeitsgrenze (2024: 538 EUR) berücksichtigt. Bei der Zusammenrechnung mehrerer kurzfristiger Beschäftigungen treten an die Stelle der Drei-Monats-Grenze 90 Kalendertage. Nach den Geringfügigkeits-Richtlinien gelten dabei folgende Grundsätze: Volle Kalendermonate sind mit 30 Kalendertagen und Teilmonate mit den tatsächlichen Kalendertagen zu berücksichtigen. Umfasst ein Zeitraum keinen kompletten Kalendermonat, aber einen Zeitmonat, ist dieser ebenfalls mit 30 Kalendertagen zu berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass volle Kalendermonate immer vorrangig vor Zeitmonaten anzurechnen sind. Alternativ kann die 70-Arbeitstage-Grenze herangezogen werden (siehe Beispiel 1).
Soweit eine Beschäftigung die zeitlichen Grenzen für eine kurzfristige Beschäftigung erfüllt, aber das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, ist darüber hinaus die Prüfung der Berufsmäßigkeit erforderlich. Bei dem durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelt handelt es sich um einen fiktiv zu berechnenden Betrag, der anhand der Regelungen für geringfügig entlohnte Beschäftigungen zu ermitteln ist. Dabei ist die Geringfügigkeitsgrenze ein Monatswert, der auch dann gilt, wenn die Beschäftigung nicht während des gesamten Kalendermonats besteht.
Ist eine Beschäftigung nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung, wird sie berufsmäßig ausgeübt und Kurzfristigkeit ist ausgeschlossen.
Praxistipp
Eine Ausnahme besteht allenfalls, wenn der Student aufgrund seines Erwerbsverhaltens als berufsmäßig Beschäftigter anzusehen ist, diese Besonderheit greift allerdings höchst selten.
Beispiel 1
Sachverhalt:
Die Semesterferien beginnen am 20. Juli und enden am 30. September 2024. Die zu beurteilende Beschäftigung (Vier-Tage-Woche) ist im Voraus auf den Zeitraum vom 29. Juli bis 27. September 2024 befristet. Eine anzurechnende Vorbeschäftigung (Drei-Tage-Woche) bestand im Kalenderjahr 2024 in der Zeit vom 15. April bis 14. Juni.
Beurteilung:
Die zu beurteilende Beschäftigung umfasst nach den o. g. Grundsätzen zur Zählweise folgende Kalendertage:
29. Juli 2024 bis 31. Juli 2024 | 3 Kalendertage |
1. August 2024 bis 31. August 2024 | 30 Kalendertage, da voller Kalendermonat |
1. September 2024 bis 27. September 2024 | 27 Kalendertage |
Insgesamt | 60 Kalendertage |
Die anzurechnende Vorbeschäftigung umfasst folgende Kalendertage:
15. April 2024 bis 30. April 2024 | 16 Kalendertage |
1. Mai 2024 bis 31. Mai 2024 | 30 Kalendertage, da voller Kalendermonat |
1. Juni 2024 bis 14. Juni 2024 | 14 Kalendertage |
Insgesamt | 60 Kalendertage |
Obwohl die 90-Kalendertage-Grenze überschritten wird, handelt es sich bei der zu beurteilenden Beschäftigung um eine kurzfristige Beschäftigung (Personengruppenschlüssel 110, Beitragsgruppenschlüssel 0000), da die 70-Arbeitstage-Grenze mit (36 + 27 =) 63 Arbeitstagen eingehalten wird.
Minijob während der Semesterferien
Erfüllt die vom Studenten in den Semesterferien ausgeübte Beschäftigung nicht die Voraussetzungen für eine kurzfristige Beschäftigung, kann abhängig vom durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelt auch eine geringfügig entlohnte Beschäftigung in Betracht kommen. Mehrere zeitgleich ausgeübte geringfügig entlohnte Beschäftigungen werden allerdings für die Prüfung der Geringfügigkeitsgrenze (2024: 538 EUR) zusammengerechnet.
Wird diese Grenze eingehalten, handelt es sich um eine reguläre geringfügig entlohnte Beschäftigung, die in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung aufgrund des Minijob-Status versicherungsfrei ist. Ist der Student gesetzlich krankenversichert, hat der Arbeitgeber einen Pauschalbeitrag von 13 Prozent zu entrichten. Zur Rentenversicherung zahlt der Arbeitgeber 15 Prozent. Lässt sich der Student nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien, trägt er einen Beitragsanteil in Höhe von derzeit 3,6 Prozent.
Werkstudentenprivileg
Erfüllt ein Studentenjob weder die Voraussetzungen für eine kurzfristige Beschäftigung noch die eines Minijobs, muss geprüft werden, ob das sog. Werkstudentenprivileg Anwendung findet. Das bedeutet, dass die Beschäftigung lediglich in der Rentenversicherung versicherungspflichtig ist. In der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung tritt in diesem Fall keine Versicherungspflicht als Arbeitnehmer ein.
Während der Vorlesungszeiten gilt hierbei eine Zeitgrenze von durchschnittlich 20 Wochenstunden. Ein Ausweiten der Wochenarbeitszeit in den Semesterferien ist zwar grundsätzlich unschädlich, allerdings ist hier stets eine weitere Zeitgrenze zu beachten. Soweit ein Student innerhalb eines Zeitjahres an mehr als 26 Wochen (182 Kalendertage) mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden beschäftigt ist, kann das Werkstudentenprivileg keine Anwendung finden. In diesem Fall besteht in allen Zweigen der Sozialversicherung Versicherungspflicht.
Anzurechnen sind alle in diesem Zeitraum befindlichen Beschäftigungen bzw. Beschäftigungszeiten oberhalb von durchschnittlich 20 Wochenarbeitsstunden. Ob diese Beschäftigungen bzw. Beschäftigungszeiten bei demselben Arbeitgeber bestanden, oder wie diese Zeiten versicherungsrechtlich beurteilt worden sind, ist nicht relevant (siehe Beispiel 2).
Beispiel 2
Sachverhalt:
Die Semesterferien beginnen am 20. Juli und enden am 30. September 2024. Die zu beurteilende Beschäftigung wird als Dauerbeschäftigung bereits seit dem 1. Januar 2024 ausgeübt. Während der Vorlesungszeiten werden die 20 Wochenstunden eingehalten, in den Semesterferien erfolgt eine Ausweitung auf 40 Wochenstunden. An Vorbeschäftigung sind bekannt:
6. Oktober 2023 bis 11. Dezember 2023 | 67 Kalendertage |
19. Februar 2024 bis 31. März 2024 | 42 Kalendertage |
Beurteilung:
Das Ausweiten der Wochenarbeitszeit umfasst insgesamt 73 Kalendertage. Anders als bei kurzfristigen Beschäftigungen kommt es hier auf die Anzahl der tatsächlichen Kalendertage an. Unter Berücksichtigung der anzurechnenden Vorbeschäftigungszeiten (Jahresfrist: 1. Oktober 2023 bis 30. September 2024) wird die Zeitgrenze mit exakt 182 Kalendertagen eingehalten. Die befristete Ausdehnung der Wochenarbeitszeit ist damit für das Werkstudentenprivileg unschädlich. Es besteht auch während der Semesterferien nur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung.
Praxistipp
Bei dem Zeitjahr handelt es sich um eine rückwärts verlaufende Frist, die ausgehend vom voraussichtlichen Ende der zu beurteilenden Beschäftigung bzw. Beschäftigungszeit oberhalb von 20 Wochenarbeitsstunden gebildet wird.
Beschäftigung von Schülern
Auch Schüler nutzen die Sommerferien, um Geld zu verdienen. Für Schulentlassene bietet sich die freie Zeit zwischen Schulabschluss und Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums ebenfalls an, ihr Taschengeld aufzubessern. Bei mehr als geringfügiger Beschäftigung besteht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung keine Sonderregelung. In diesen Sozialversicherungszweigen greift demnach die Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung. Nur in der Arbeitslosenversicherung sind mehr als geringfügig beschäftigte Schüler von allgemeinbildenden Schulen versicherungsfrei. Von allgemeinbildenden Schulen ist das Berufsvorbereitungs- oder Berufsgrundschuljahr zu unterscheiden. Wer ein solches Berufsschuljahr besucht, ist kein Schüler einer allgemeinbildenden Schule, und zwar auch dann nicht, wenn mit dem Besuch der Hauptschulabschluss nachgeholt wird.
Schüler, die eine kurzfristige Beschäftigung aufnehmen, sind grundsätzlich nicht berufsmäßig. Auch hier könnte sich Berufsmäßigkeit wie bei den Studenten lediglich aufgrund des Erwerbsverhaltens ergeben, was in der Regel nicht zum Tragen kommt. Gleiches gilt für Schulentlassene, die u. a.
- ein (Fach-)Hochschulstudium, ein Berufsvorbereitungsjahr, ein Berufsgrundschuljahr anstreben,
- eine Meisterschule im Anschluss besuchen möchten und sich nicht arbeitsuchend gemeldet haben oder
- ein vorgeschriebenes Praktikum für die anstehende (Fach-)Hochschulausbildung absolvieren möchten.
Dagegen werden Schulentlassene bei Ausübung einer kurzfristigen Beschäftigung als berufsmäßig angesehen, die u. a.
- ein duales Studium,
- eine Ausbildung an einer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung,
- eine Berufsausbildung,
- ein freiwilliges soziales/ökologisches Jahr,
- einen Bundesfreiwilligendienst oder andere Freiwilligendienste aufnehmen bzw.
- einen freiwilligen Wehrdienst oder ein Praktikum ohne Absicht der Studienaufnahme ableisten möchten.
Wie bei kurzfristiger Beschäftigung üblich, muss die Berufsmäßigkeit nur geprüft werden, wenn das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet.
Praxistipp
Bei kurzfristiger Beschäftigung ist hinsichtlich der Prüfung der Berufsmäßigkeit zwischen Schülern und Schulentlassenen zu unterscheiden. Auch ist relevant, was der Schüler nach der kurzfristigen Beschäftigung beruflich tun möchte.