Ende März 2024 wurde das Wachstumschancengesetz im Bundesgesetzblatt verkündet. Damit wurde u.a. der gesetzliche Rahmen für das digitale Nachweisverfahren der Elterneigenschaft in der Pflegeversicherung geschaffen. Außerdem enthalten: Regelungen zur Berechnung von Zinsen bei Erstattungen von zu viel gezahlten PV-Beiträgen.
Verzinsung von Beitragserstattungen
Damit Arbeitgeber die PV-Beitragsabschläge für die Kinder ihrer Beschäftigten berücksichtigen können, müssen sie seit 1. Juli 2023 die Anzahl und das genaue Alter der Kinder kennen. Für eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 2025 ist es ausreichend, wenn Arbeitgeber die erforderlichen Informationen zu den Kindern nachweisfrei erhalten (sog. Vereinfachtes Nachweisverfahren). Alternativ können Arbeitgeber mit der Berücksichtigung der Beitragsabschläge bis zur Einbindung des digitalen Abrufverfahrens für Kinderdaten warten. Dies wird aktuell erarbeitet und soll spätestens zum 1. Juli 2025 an den Start gehen.
Verzinsung von Beitragserstattungen
Laut der „Grundsätzlichen Hinweise“ des GKV-Spitzenverbandes vom 28. März 2024 gilt für die Verzinsung von PV-Beitragserstattungen Folgendes:
- Werden Erstattungen von zu viel gezahlten PV-Beiträgen erst nach dem 1. Juli 2025 vorgenommen, sind diese zu verzinsen.
- Werden die PV-Beitragsabschläge bereits vor dem 1. Juli 2025, dem geplanten Start des digitalen Abrufverfahrens für die Kinderdaten, berücksichtigt, entstehen keine Zinsansprüche für die Arbeitnehmer.
Das bedeutet konkret: Alle Arbeitgeber, die zu viel gezahlte PV-Beiträge bereits jetzt an ihre Arbeitnehmer erstatten oder die PV-Beitragsabschläge noch vor dem Start des digitalen Abrufverfahrens für die Kinderdaten bei den PV-Beiträgen rückwirkend ab 1. Juli 2023 berücksichtigen, müssen ihren Arbeitnehmern keine Zinsen zahlen.
Teilen Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern erst jetzt die Anzahl ihrer Kinder mit, so ist diese bei den Beitragsabschlägen in der PV rückwirkend zu berücksichtigen. Sind die Kinder vor dem 1. Juli 2023 geboren, erfolgt die rückwirkende Berücksichtigung ab diesem Tag, ansonsten ab Beginn des Monats der Geburt. Eine Pflicht zur Zahlung von Zinsen an die Arbeitnehmer entsteht in solchen Fällen für Arbeitgeber aber nicht, sofern die Erstattung vor dem Start des digitalen Abrufverfahrens erfolgt.
Praxistipp
Sofern Arbeitgeber die Beitragsabschläge bei den PV-Beiträgen bislang noch nicht berücksichtigt haben, lassen sich Zinszahlungen und aufwändige Zinsberechnungen vermeiden, sofern die Beitragserstattung noch vor dem Start des digitalen Abrufverfahrens erfolgt.
Voraussetzungen für die Verzinsung
Zinsansprüche bestehen für Arbeitnehmer nur dann, wenn Arbeitgeber die Auszahlung der Beitragsabschläge bei den PV-Beiträgen erst mit dem digitalen Abrufverfahren für Kinderdaten ab 1. Juli 2025 umsetzen. Die Zinsansprüche von Arbeitnehmern beziehen sich dabei ausschließlich auf die nicht berücksichtigten Beitragsabschläge. Wenn sich im Rahmen des digitalen Datenabrufs Erstattungsansprüche ergeben, weil durch die digitale Meldung eines Kindes der Beitragszuschlag für Kinderlose rückwirkend wegfällt, bestehen deswegen keine Zinsansprüche für die Arbeitnehmer.
Zinshöhe, Auszahlung und Zeitraum
Nicht berücksichtigte Beitragsabschläge in der Pflegeversicherung sind laut Wachstumschancengesetz mit 4 Prozent pro Jahr zu verzinsen; einen gesonderten Antrag müssen die Arbeitnehmer nicht stellen (§ 125 Abs.1 SGB IV).
Ermittlung der Zinshöhe und Auszahlung
Ist der Erstattungsbetrag für einen Monat ermittelt, wird er ohne vorherige Rundung mit 4 Prozent pro Jahr verzinst. Bevor die Zinsberechnung durchgeführt wird, ist auch eine Rundung auf volle Euro-Beträge möglich; vorausgesetzt, dies ist programmtechnisch im Entgeltabrechnungssystem umsetzbar.
Ob der Erstattungsbetrag samt Zinsen ausgezahlt oder mit künftigen Beitragsansprüchen verrechnet wird, entscheidet der Arbeitgeber. Die Aufrechnung mit künftigen Beitragsansprüchen kann der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers vornehmen.
Zeitraum, für den Zinsen zu zahlen sind
Der Zinszeitraum beginnt jeweils mit Ablauf des Kalendermonats, für den die Beitragsabschläge in der PV noch nicht berücksichtigt wurden. Also mit Blick auf das Inkrafttreten der Regelung zum 1. Juli 2023 frühestens vom 1. August 2023 an. Der Zinszeitraum endet mit Ablauf des Kalendermonats, vor dem die Erstattung der Beitragsabschläge tatsächlich vom Arbeitgeber vorgenommen wird, spätestens aber mit dem 30. Juni 2025. Das bedeutet: Der Zinsanspruch besteht für jeden Monat, für den die Beitragsabschläge in der PV noch nicht berücksichtigt worden sind, separat. Er muss für jeden einzelnen Monat ermittelt werden. Der insgesamt zu gewährende Zinsanspruch lässt sich also nicht in einem Rechenschritt auf Basis der Höhe der Erstattungssumme und des Erstattungszeitraums ermitteln (siehe Beispiel).
Beispiel
Sachverhalt:
Ein Arbeitgeber führt im August 2025 den elektronischen Abruf der Kinderdaten durch und erhält die Meldung, dass für seinen Arbeitnehmer für die Zeit ab dem 1. Juli 2023 zwei Kinder berücksichtigungsfähig sind. Die Erstattung der seit dem 1. Juli 2023 monatlich in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten zu viel gezahlten PV-Beiträge (Beitragsabschläge) erfolgt im Zuge der Entgeltabrechnung für den Monat August 2025 durch Aufrechnung mit dem laufenden Beitrag für den Monat August 2025.
Beurteilung:
Der Erstattungszeitraum verläuft vom 1. Juli 2023 bis zum 31. Juli 2025. Die zu erstattenden Beitragsabschläge in der PV sind wie folgt zu verzinsen:
- Der Beitragserstattung für den Monat Juli 2023 ist ein Verzinsungszeitraum von 23 Kalendermonaten (1. August 2023 bis 30. Juni 2025) zugrunde zu legen.
- Für die Beitragserstattung für den Monat August 2023 gilt ein Verzinsungszeitraum von 22 Kalendermonaten (1. September 2023 bis 30. Juni 2025).
- Für die Beitragserstattung für den Monat September 2023 gilt ein Verzinsungszeitraum von 21 Kalendermonaten (1. Oktober 2023 bis 30. Juni 2025)
- Und so weiter.
Da für Erstattungszeiträume nach dem 30. Juni 2025 kein Zinsanspruch entsteht, scheidet eine Verzinsung für Juli 2025 aus.
Praxistipp
Die Beitragserstattung und die gezahlten Zinsen sind im Beitragsnachweisverfahren anzugeben. Dies erfolgt in der regulären Beitragsgruppe 0001 für die Pflegeversicherung. Eine besondere Schlüsselung ist nicht vorgesehen.