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Das Magazin der BKK WIRTSCHAFT & FINANZEN

Aufregung vor dem Start

Blaue Zahlen

Die elektronische Patientenakte (ePA) kommt

Welche Medikamente nimmt ein Patient, welche Vorerkrankungen hat er, wie sind seine Blutwerte, wie verliefen frühere Behandlungen? Ab 2021 haben alle Gesetzlichen Krankenkassen die Pflicht, ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) anzubieten. Über die Vorteile haben wir bereits in der Ausgabe 1-2020 berichtet. Der Start wird aller Voraussicht nach dennoch steinig. Ein Dilemma: Der Bundesdatenschutzbeauftragte ist nicht mit allen Vorgaben des Gesetzgebers einverstanden. Ein aktueller Überblick.

So steht es im Gesetz

• Gesetzliche Krankenkassen müssen ihren Versicherten ab 1. Januar 2021 eine elektronische Patientenakte (ePA) anbieten. Kranken-kassen werden die Zuweisungen für Verwaltungskosten ansonsten um mindestens 2,5 Prozent gekürzt.

• Die Nutzung der ePA ist für Versicherte freiwillig – nur Versicherte selbst entscheiden, welche Daten gespeichert werden und welcher Arzt darauf zugreifen darf.

• Damit die ePA auch befüllt wird, erhalten Patienten einen Anspruch darauf, dass Ärzte medizinische Daten aus aktuellen Behandlungen in die ePA eintragen – sofern die Patienten dies wünschen. Ab 1. Juli 2021 wird nicht angeschlossenen Ärzten ansonsten das Honorar um ein Prozent gekürzt.

• Ärzte und Krankenhäuser, die die ePA erstmals befüllen, bekommen hierfür 10 Euro. Für die Unterstützung der Versicherten bei der weiteren Verwaltung ihrer ePA erhalten Ärzte, Zahnärzte und Apotheker ebenfalls eine Vergütung.

• Ab 1. Januar 2022 soll das strukturierte Speichern von Befunden, Arztberichten und Röntgenbildern sowie vom Mutterpass, dem gelben U-Heft für Kinder und dem Zahn-Bonusheft in der ePA möglich sein – zuvor ist das Speichern auch möglich, aber nur in „ungeord-neter“ Form.

• Ab 1. Januar 2022 sollen Patienten die Möglichkeit bekommen, für jedes in der ePA gespeicherte Dokument einzeln zu bestimmen, wer darauf zugreifen kann. Sie können also zum Beispiel festlegen, dass eine Ärztin oder ein Arzt zwar auf die ePA zugreifen darf, dass aber bestimmte Befunde nicht angezeigt werden.

• Ab 2023 können Patienten die in der ePA abgelegten Daten freiwillig der medizinischen Forschung zur Verfügung stellen.

Das sagt der Bundesdatenschutzbeauftragte

Aus Sicht von Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, stehen die rechtlichen Grundlagen nicht alle im Einklang mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Die dokumentengenaue Kontrolle, welche Leistungserbringer welche Informationen einsehen können, sei mit 2022 zu spät und auch dann nicht feingranular genug vorgesehen.

Menschen, die keine App auf mobilen Geräten nutzen können oder wollen, haben keine anderweitige Möglichkeit zur eigenständigen Einsicht in ihre ePA.

Die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Rechte der betroffenen Personen seien nicht durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen umgesetzt.

Als Aufsichtsbehörde für einen Großteil der gesetzlichen Kranken-kassen – darunter auch die BKK W&F – werde er deshalb „mit den ihm zur Verfügung stehenden aufsichtsrechtlichen Mitteln dafür Sorge tragen, dass diese Krankenkassen mit der von ihnen angebotenen ePA nicht gegen europäisches Recht verstoßen“.

So reagiert die Bundesregierung.

Die Regelungen zur Einführung der elektronischen Patientenakte

sind nach Ansicht der Bundesregierung datenschutzkonform.

Ein wichtiges Kriterium sei die Ausgestaltung der ePA als freiwillige Anwendung, heißt es in der Antwort (19/23243) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/22825) der FDP-Fraktion.

Auch könnten Versicherte bereits in der ersten Umsetzungsstufe ab 2021 entscheiden, welche Daten in der Akte gespeichert, nicht aufgenommen oder wieder gelöscht werden sollen. Sie könnten auch entscheiden, welchem Arzt sie den Zugriff erteilen oder versagen und einzelne Dokumente in einem geschützten Bereich speichern. Auch in der ersten Ausbaustufe gelte daher nicht das „Alles-oder-nichts-Prinzip“, sondern es bestehe eine Wahlmöglichkeit, was den Zugriff auf Daten angehe. Zudem stehe es den Versicherten frei, jederzeit alle Daten in der Akte zu löschen. Der Freiwilligkeit stehe auch nicht entgegen, dass Versicherte in der ersten Umsetzungsstufe keine dokumentenbezogene Einwilligung erteilen könnten.

Die vom Mehrheitsgesellschafter Bundesministerium für Gesundheit geführte gematik GmbH hat als Koordinator der Telematik-Infrastruktur keine Sicherheitsbedenken: Schwachstellen seien in der Entwicklungsphase behoben worden, die ePA könne daher auf einem Sicherheitsniveau starten, das andere Aktenlösungen im europäischen Vergleich übertrifft.

Wie es weitergeht

Vor dem Start der ePA haben alle Krankenkassen einheitlich zu informieren. Grundlage werden vom Spitzenverband aller gesetzlichen Krankenkassen aktuell in der Erstellung befindliche Informationen sein. Die BKK W&F wird diese Pflichtinformationen so früh wie möglich veröffentlichen, auch unter www.bkk-wf.de.

Weitere Pflichtinformationen könnten aus möglichen Weisungen des Bundesdatenschutzbeauftragten erwachsen.

Die Infrastruktur für den Upload von Dokumenten in den Arztpraxen wird zum 1.1.2021 voraussichtlich noch nicht zur Verfügung stehen.

Der Download der App nach der Bereitstellung in den gängigen Stores ab 1.1.2021 lohnt sich aber trotzdem, um sich mit den Funktionen vertraut zu machen.

Voraussetzung für die Nutzung der App ist neben einer Registrierung ein im Anschluss automatisch eingeleitetes Identifikationsverfahren. Auch hierzu informieren wir so früh wie möglich unter www.bkk-wf.de.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Inhalt zwischenzeitlich veraltet sein könnte.

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