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Hilfe zur Selbsthilfe: Atemtraining
"Jeder kann etwas tun, wirklich jeder!"

Hilfe zur Selbsthilfe Atemtraining

Regelmäßiges Training stärkt Lunge und Immunsystem – diese Erkenntnis ist wichtig, aber nicht neu. Richtig zu atmen, kann bei einer Infektion mit dem Corona-Virus aber auch ausschlaggebend für eine schnellere Genesung sein.

“Dass einfache Atemübungen die Lunge stärken, ist wissenschaftlich erwiesen und zeigt sich beispielsweise in der Behandlung von Lungentumor-Patienten, die vor einer geplanten Operation gezielt trainieren, um danach wieder schneller eigenständig zu atmen.”

Nicht nur in Deutschland sehnt man sich nach dem Ende der Pandemie, deren Schlüssel zweifelsohne das Impfen ist. Nur darauf zu hoffen, dass es einen bis dahin selbst nicht trifft, stimmt aber nicht ganz: „Jeder kann etwas tun, wirklich jeder“, davon ist Dr. Sandra Gawehn überzeugt. Die Fachärztin für Innere Medizin an der Universitätsklinik Greifswald hat regelmäßig Kontakt zu Menschen mit Atemwegserkrankungen oder an der Lunge operierten Menschen. „Dass einfache Atemübungen die Lunge stärken, ist wissenschaftlich erwiesen und zeigt sich beispielsweise in der Behandlung von Lungentumor-Patienten, die vor einer geplanten Operation gezielt trainieren, um danach wieder schneller eigenständig zu atmen.“

Als weiteres Beispiel nennt sie gerne den klassischen Geburtsvorbereitungskurs. „Er gehört heute zum guten Ton bei jeder Schwangerschaft, denn wer sich erst im Kreißsaal mit der richtigen Atmung beschäftigt, wird schnell merken, dass die beste Zeit für einen Vorbereitungskurs versäumt wurde“. Zugleich betont Gawehn den zweiten wichtigen positiven Effekt: „Auch Väter stärken durch die Teilnahme ihr Wissen und beugen damit unnötigen Ängsten vor.“ Beide Effekte – Training und Wissen – sind aus ihrer Sicht daher auch im Hinblick auf eine Corona-Infektion von großem Nutzen, und zwar ungeachtet dessen, ob es einen selbst betrifft oder „nur“ seine Liebsten und Nächsten. Früher weg vom Beatmungsgerät Die Lunge ist das einzige autonome Körperorgan, das man aktiv ansteuern kann. „Dies zu wissen, ist der Schlüssel zu allem: Über die Lunge können wir wissentlich in die autonomen Prozesse unseres Körpers eingreifen. Wir können die Atmung aktiv unterdrücken, verstärken, lenken und intensivieren. Wir haben die Möglichkeit, die Atmung zu verbessern, indem wir mehr über die Lunge und die Atemmuskeln lernen und erfahren, wie wir genau diese Muskeln stärken können.“ Denn: „Je fitter und gesünder ein Mensch ist, desto milder entwickeln sich in der Regel Krankheitsverläufe“, erläutert Gawehn. Unmittelbar nach Beginn der Pandemie begann sie zu recherchieren, Studien zu sichten und erste Erfahrungen aus verschiedenen Kliniken über Krankheitsverläufe, Therapieoptionen und deren Erfolge zu analysieren. Ergebnis: durch die Anhebung des generellen Fitnesszustands können Beatmungsgeräte bis zu zwei Tage früher für andere Patienten freigegeben werden.

“Das Atemtraining verhilft uns zu mehr Sauerstoff , zu kräftigeren Atem- und Atemhilfsmuskeln und es verhilft uns durch Dehnung zu mehr Platz im Brustkorb.”

Atemtraining
nicoletaionescu/iStockID:1128623747

Hilft jedem und funktioniert überall

Wie man seine Lunge trainiert, musste sie nicht neu erfinden. „Es gibt unzählige und häufig auch gut gemachte Informationen rund um ein Training nach Zählmustern, selektives Ansprechen verschiedener Muskelgruppen oder die Widerstandsatmung, beispielsweise beim Pfeifen, Blasen, Singen oder Summen“, so Gawehn. Was es in Zeiten einer Pandemie aber brauchte, war eine möglichst einfache Form der Vermittlung: „Klein, kompakt und ohne Verfallsdatum.“ Herausgekommen ist die Initiative „Atemtherapie rettet Leben“. Sie umfasst auch Audio-Beiträge mit Trainingstipps für Anfänger und Fortgeschrittene. Denn: Atemtraining hilft jedem und kann überall gemacht werden. Dies gilt auch für Bettlägerige: Gawehn erklärt: „Ob Intensiv- oder Normalstation: Im Krankenhaus ist Atemmuskeltraining oft das einzige, das die Patienten in Eigenregie machen können. Für Intensivpatienten, aber auch Altenheimbewohner und Schwerkranke habe ich daher ein spezielles Training geschrieben. Herz-KreislaufBelastung ist hierin nahezu ausgeblendet, Lunge, Dehnung und Selfconfidence stehen dabei im Fokus.“ Um die perfekte Atmung live zu sehen, müssen vor allem junge Eltern nicht in die Ferne schweifen: „Kleine Kinder atmen instinktiv mit ihrem Zwerchfell, sie praktizieren die sogenannte Zwerchfellatmung und atmen hiermit tief in den Bauch hinein. Dagegen ziehen schon Teenager wie ihre Großeltern nur noch die Schultern Richtung Ohren. Gawehn: „Das Zwerchfell kann aber bis zu 80 Prozent unserer Atmung übernehmen.“ Für Kinder und Jugendliche empfiehlt sie einen spielerischeren Ansatz. Beispielsweise Hampelmannsprünge, Seifenblasen durch Pusten, Luftballons durch Abklatschen über Kopfhöhe in der Luft halten. Oder auf einer Slackline balancieren, denn auch hierbei werden die Arme seitlich abgespreizt oder zum Himmel gestreckt, es wird „geöffnet“ geatmet und die Konzentration liegt auf einem stabilen Rumpf. Hilfreich für alle Altersgruppen sind viele Yoga- und Pilates-Übungen, auch für Schwangere.

Angst und Panik durch Wissen begegnen

Einen großen Nutzen vom Atemtraining hat auch das familiäre Umfeld: „Ich habe schon viele schwere Krankheitsverläufe erlebt, bei denen Angehörige posttraumatische Störungen erlitten. Auch hier hilft das Training, indem wir uns über die Atmung wieder beruhigen. Ihr Fazit: „Das Atemtraining verhilft uns zu mehr Sauerstoff, zu mehr Platz im Rumpfbereich durch Dehnübungen, zu kräftigeren Atem- und Atemhilfsmuskeln und wir erhalten über das Training und Wissen ein Rüstzeug zur Vermeidung von Angst bei Atemnot“, so Gawehn.

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