Impflücken bei Kleinkindern immer größer
Standardimpfungen für Kleinkinder werden mittlerweile zu spät wahrgenommen, viele Kinder haben später zudem nicht den empfohlenen vollständigen Impfschutz. Darauf hat das Robert-Koch-Institut (RKI) vor Kurzem im Zusammenhang mit der Entdeckung von Poliovieren im Abwasser deutscher Großstädte hingewiesen.
Auf der Basis von Abrechnungsdaten veröffentlicht das RKI regelmäßig bundesweite Quoten zu den von der STIKO empfohlenen Impfungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter. Bei Kindern und Jugendlichen liegen sie demnach zwar insgesamt auf einem hohen Niveau. Allerdings werden Impfserien häufig erst später als empfohlen oder nicht abgeschlossen. Damit fehlt immer mehr Kindern der vollständige Impfschutz vor Erkrankungen wie Poliomyelitis (Kinderlähmung), Pertussis (Keuchhusten) oder Masern.
Durch den Nachweis von Polioviren im Abwasser mehrerer deutscher Städte erlangt das Thema aktuell eine größere Relevanz: Denn die aus drei Impfstoffdosen bestehende Grundimmunisierung gegen Polio sollte der STIKO zufolge im Alter von 12 Lebensmonaten abgeschlossen sein. Die Daten zeigen jedoch, dass mehr als eine halbe Million Kinder eines Geburtsjahrgangs zum ersten Geburtstag noch keinen vollständigen Polioimpfschutz aufweisen; mit zwei Jahren sind es immer noch mehr als 180.000 Kinder pro Jahrgang. Prozentual sind dies lediglich 21 Prozent der Einjährigen und 77 Prozent der Kinder in einem Alter von zwei Jahren mit einem vollständigen Impfschutz.
Zudem bestehen große regionale Unterschiede, mit Impfquoten von weniger als 60% im Alter von zwei Jahren in manchen Landkreisen. Die STIKO ruft in einer Stellungnahme “alle Erziehungsberechtigten auf, den Impfstatus ihrer Kinder selbst zu überprüfen oder von medizinischem Personal in der Kinderarzt- bzw. Hausarztpraxis überprüfen zu lassen und fehlende Impfungen in Absprache mit ihrer Ärztin oder Arzt baldmöglichst nachzuholen”.
Bei Diphtherie lag die Quote vollständiger Immunisierung bei Kindern im Alter von 15 Monaten zuletzt bei 64 Prozent. Eine vollständige Impfung gegen Mumps, Masern und Röteln erhielten rund 77 Prozent der Zweijährigen des gleichen Geburtsjahres 2021. Bis zum Schulalter werde die zweite Impfung zwar oft nachgeholt. Das entspreche aber nicht der Empfehlung, laut der bis zum Alter von 15 Monaten zweimal geimpft werden sollte.
Diese Impflücken können gravierende Folgen für die einzelnen Menschen wie auch für die gesamte Bevölkerung haben. Daher appelliert die SRIKO, Impflücken zu schließen und auf einen raschen Abschluss von Impfserien zu achten.
Gut zu wissen
Die BKK W&F übernimmt die Kosten für alle vom Robert-Koch-Institut (RKI) empfohlenen Schutzimpfungen direkt über die Gesundheitskarte. Die BKK W&F beteiligt sich als besondere Mehrleistung zudem auch an den Kosten der Impfstoffe vieler privat zu finanzierender Impfungen, sofern diese ärztlich empfohlen werden. Dazu gehören neben der Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV, geschlechtsunabhängig) und der Impfung gegen Meningokokken B auch viele Reiseimpfungen.
Eltern erhalten ab 2025 über den neu gestalteten Einladungsservice aus der Reihe „Family+ by BKK“ entsprechende Einladungen und Informationen.
Hintergrund
Herdenimmunität
Impfungen nützen nicht nur den Geimpften. Sie schützen auch deren ungeimpfte Kontaktpersonen und helfen, regionale Ausbrüche zu verhindern oder zu begrenzen. Deshalb sind Impfungen von größter Bedeutung für die öffentliche Gesundheit. Von Herdenimmunität, spricht man, wenn eine Gruppe von Personen (oder Tieren) davor geschützt ist, dass aus der Infektion von wenigen die Ansteckung von vielen weiteren resultiert. Sie wird erzielt, wenn so viele in der Gruppe durch Impfung (oder frühere Erkrankung) immun gegen die Krankheit geworden sind, dass jede Infektionskette schnell wieder abbricht. So kann sich die Krankheit nicht weiter ausbreiten und auch Nicht-Geimpfte sind geschützt. Bei den sehr ansteckenden Masern liegt die Herdenimmunität nach Angaben des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa) bei etwa 95 Prozent.
Ständige Impfkommission (STIKO)
Die Ständige Impfkommission, kurz STIKO ist eine ehrenamtliche, derzeit 18-köpfige Expertengruppe in Deutschland, die beim Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin angesiedelt ist. Die Empfehlungen der STIKO werden in der Regel einmal jährlich veröffentlicht. Der aktuelle Impfkalender 2024 ist unter https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/Impfempfehlungen_node.html herunterladbar.