Arbeitsunfähig im Job – und nun?
Wer einmal länger krank war, weiß wie sehr man sich in dieser Zeit wünscht, schnell wieder fit zu werden. Denn neben den gesundheitlichen Auswirkungen kommt das Ende der Entgeltfortzahlung nach sechs Wochen manchmal schneller als man denkt. Um die finanziellen Einbußen bei längerer Krankheit zu vermindern, haben gesetzlich versicherte Arbeitnehmer in der Regel Anspruch auf Krankengeld als Entgeltersatzleistung. Doch was passiert genau, wenn Verletzung oder Krankheit eine längere Pause erzwingen?
Wer sich nicht gut fühlt und sich deshalb ärztlichen Rat einholt, der ist im Anschluss in der Regel „arbeitsunfähig“. Die genaue Definition findet man in den so genannten ‚Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien. Sie liegt demnach vor, wenn ein Versicherter durch Krankheit seine bisher ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr einer Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Das bedeutet auch: „Krankheit allein ist nicht gleichbedeutend mit Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung“ erläutert Bettina Miehe, Teamleiterin Geldleistungen bei der BKK W&F. Ob Krankheit die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt, hängt daher wesentlich ab von der Schwere der Erkrankung, dem physischen und psychischen Gesamtzustand und der Art der beruflichen Tätigkeit. „Die Diagnose des behandelnden Arztes, die tatsächlichen Leistungseinschränkungen sowie die Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes werden dabei ganzheitlich betrachtet“, so Miehe weiter.
Von der Entgeltfortzahlung zum Krankengeld
Vor dem Krankengeldbezug steht bei Beschäftigten im Normalfall die sechswöchige Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Ist ein Arbeitnehmer wegen derselben Erkrankung erneut arbeitsunfähig, ist eine zeitliche Prüfung notwendig. „Wenn zwischen Arbeitsunfähigkeitszeiten mit derselben Krankheit mindestens sechs Monate oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit 12 Monate vergangen sind, besteht ein weiterer sechswöchiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung“, erklärt die Expertin.
Ist kein anderer Sozialversicherungsträger leistungspflichtig – beispielsweise die Unfallversicherung bei Arbeitsunfällen – zahlt die Krankenkasse anschließend Krankengeld. Es beträgt 70 Prozent des Bruttoverdienstes, maximal 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts. Hiervon werden in der Regel noch Beiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abgezogen. Ein Vorteil: „In der Krankenversicherung sind Arbeitnehmer -im Gegensatz zur privaten Krankenversicherung- während der Zeit des Krankengeldbezuges aber beitragsfrei versichert“, ergänzt Miehe. Längstens wird Krankengeld wegen der gleichen Krankheit für 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gezahlt, wobei Vorerkrankungszeiten berücksichtigt werden.
Ärztliche Termine unbedingt wahrnehmen
Die Feststellung ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt, wird von der behandelnden Ärztin oder dem Arzt getroffen, die Praxis stellt als Nachweis für Krankenkasse und Arbeitgeber zudem – mittlerweile elektronische – Bescheinigungen aus.
Ist das Ende einer Arbeitsunfähigkeit nicht absehbar, suchen Krankenkassen den Kontakt zum Versicherten und den behandelnden Ärzten. Neben Hinweisen auf weitere Behandlungsmaßnahmen steht bei den Krankenkassen die Vorbereitung einer möglichen Krankengeldzahlung im Vordergrund der Aktivitäten. Denn die Grundlagen der Krankengeldberechnung liegen einer Krankenkasse nicht automatisch vor, diese müssen erst beim Arbeitgeber angefordert und anschließend berechnet werden. Ist das Ende der Entgeltfortzahlung tatsächlich erreicht, kommt das Krankengeld schließlich idealerweise lückenlos als Entgeltersatz zur Auszahlung. Es wird dabei jeweils rückwirkend zum letzten Arzttermin ausgezahlt. „Wichtig ist daher, sich eine Arbeitsunfähigkeit unbedingt lückenlos bescheinigen zu lassen, indem man immer rechtzeitig neue Termine macht und wahrnimmt“, so Miehe.
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Kümmerer – wenn gewollt
Krankenkassen übernehmen aber nicht nur die Auszahlung des Krankengeldes. Ihnen fällt auch die Rolle des “Kümmerers” zu – „allerdings nur dann, wenn der Versicherte das auch möchte“, ergänzt Miehe. Denn: Versicherte haben zwar einen verbrieften Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Dies ist aber nur mit einer aktiven Einwilligung des Versicherten möglich. Bei einer fehlenden Einwilligung darf die Krankenkasse den Versicherten in ihrem Leistungsgeschehen nicht benachteiligen.
Für Krankenkassen ist dann aber oft eine Herausforderung, Erkenntnisse zu sammeln, um gezielte Maßnahmen zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit zu erkennen. Zur Abklärung möglicher “Hilfen” ist die Krankenkasse dann insbesondere auf Informationen behandelnder Ärztinnen und Ärzte oder des Medizinischen Dienstes (MD) angewiesen. Letztere erhalten entsprechende ärztliche Unterlagen so, dass die Krankenkasse selbst keine Einsicht nehmen kann. Ist eine Aktenlage nicht eindeutig, kann auch ein persönlicher Begutachtungstermin notwendig werden, dessen Reisekosten die Krankenkassen ihren Versicherten ersetzen.