Die nächste Ausgabe erscheint am 01.07.2024.

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Stefanie Heinzmann

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„Hilfe anzunehmen, ist etwas Gutes“

Die Schweizer Sängerin Stefanie Heinzmann kann von Mobbing sprichwörtlich ein Lied singen. Ein Gespräch über prägende Erfahrungen und Auswege mit der Duettpartnerin von Tom Lehel im Song „Du bist richtig!“. Das Video zum Lied ist Teil des von vielen Betriebskrankenkassen unterstützten Präventionsprogramms „WIR WOLLEN MOBBINGFREI“ und leistet kindgerechte Aufklärungsarbeit zu einem schwierigen Thema.


Stefanie, schon mit 18 Jahren hast du einen Casting-Wettbewerb gewonnen und stehst seitdem erfolgreich in der Öffentlichkeit. Was hat dich motiviert, Tom bei diesem emotionalen Thema musikalisch zu unterstützen?

Ganz klar meine eigenen Erfahrungen. Als ich zwölf Jahre alt war und in die sechste Klasse ging, kam ich irgendwann mal mit Buffalos in die Schule. Das fanden meine Mitschüler, warum auch immer, total doof – der Auslöser für regelmäßige Mobbingattacken auf mich war gefunden. Ein Jahr lang fühlte ich mich dann total isoliert. Beleidigungen auf Zetteln wie “f*** you, wir hassen dich!” waren dabei noch das geringste Übel.

Was hast du dagegen getan?

Ich konnte mich nicht wehren. Ich habe stattdessen versucht, mich so nett wie möglich anzustellen in der Hoffnung, dass sie sich das vielleicht irgendwann doch anders überlegen. Aber Kinder können ganz schön gemein sein. Ich habe ich mich dann ganz furchtbar angezogen. Man sollte mich wegen anderen Dingen als meinen Klamotten mögen. Aber erst als ich die Schule wechselte, hörte das Mobbing schlagartig auf.

Und danach war alles wieder gut?

Nein. Auch als Teenager war ich von Selbstzweifeln geprägt. Ich sang zwar schon in einer Band und nahm Gesangsstunden. Schon mit 16 Jahren hatte ich aber einen Bandscheibenvorfall und nahm daraufhin starke Schmerzmittel. Unter Stress habe ich dann immer öfter versucht, Schmerzen durch kleine Selbstverletzungen zu überlagern. Ich habe auch immer weniger gegessen und irgendwann wurde mir klar, dass ich nun auch noch unter einer Essstörung litt. Ich wurde immer mehr zu einer Gefahr für mich selbst und habe mich mit 17 schließlich selbst in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie eingewiesen.

Ein bemerkenswerter Schritt für eine Jugendliche. Wie hat dein Umfeld reagiert und würdest du das rückwirkend betrachtet auch heute noch so machen?

Meine Mutter hat mich in diesem Schritt unterstützt, unsere sehr starke Bindung war damals meine wichtigste Stütze. Und rückblickend bin ich für die dort gesammelten Erfahrungen unglaublich dankbar. Denn ich habe dort gelernt, dass Hilfe anzunehmen etwas Gutes ist, und dass alle Gefühle richtig sind. Die größte Herausforderung für mich war dabei, mich selbst wertschätzen zu lernen als der Mensch, der ich bin. Denn es ist o.k., nicht o.k. zu sein, und eine Therapie als wichtiges Instrument auf dem Weg zurück in ein normales Leben zu nutzen.

Kannst du heute noch von diesen Erfahrungen zehren?

Auf jeden Fall. Wenn es mir schlecht geht, nehme ich das an und mache das Beste draus. Bei besonders hohem Stress fahre ich bewusst runter und versuche, eins nach dem anderen anzugehen. Dabei hilft mir Meditation sehr. Und sich alles von der Seele zu reden – ich spreche viel mit meiner besten Freundin oder meinem Partner. Alle diese Erfahrungen machen mich zu dem Menschen, der ich heute bin, und damit bin ich sehr zufrieden, ich ruhe in mir. Es geht mir heute sehr gut, und das verdanke ich auch dem Weg, den ich gegangen bin, ich bin ihm daher sogar dankbar.

Vielen Dank für das Gespräch.

Mehr zu Stefanie Heinzmann unter www.stefanieheinzmann.de

Jeder Fall von Mobbing muss schnellstmöglich gestoppt werden. Betroffene sollten sich Hilfe bei Mitschülerinnen und -schülern, Eltern, Lehrkräften oder anderen Erwachsenen suchen. Betroffenen, die niemanden kennen, dem sie sich anvertrauen können, stehen kostenlose und anonyme Hilfsangebote, z. B. von juuuport.de oder nummergegenkummer.de zur Verfügung.

Mobbing liegt dann vor, wenn jemand wiederholt und über einen längeren Zeitraum von einer oder mehreren Personen systematisch erniedrigt, ihm oder ihr bewusst seelische oder körperliche Gewalt zugefügt wird. Es gibt keinen Grund, der Mobbing rechtfertigen oder entschuldigen könnte. Niemand hat es verdient, von anderen seelisch oder körperlich misshandelt, ausgeschlossen, bedroht oder verletzt zu werden, und niemand hat das Recht, andere schlecht zu behandeln.

Im Programm erzählt Lehel zunächst im Rahmen eines Schulevents von seinen eigenen Mobbingerfahrungen, die ihn über Jahre seiner Kindheit stark belastet haben, und trifft dabei die Sprache der Kinder. Im Anschluss an das Schulevent wird spielerisch vertieft, was die Kinder zuvor gehört und erlebt haben. Hierbei wird Lehel von einem Pädagogen-Team unterstützt. Die Kinder erfahren in weiteren 90 Minuten in Spielen und Übungen, welche Wirkung ihr Verhalten innerhalb der Gruppe haben kann.

Am Veranstaltungstag findet zusätzlich ein Elternabend statt, bei dem den Eltern grundlegendes Wissen über Mobbing und Cybermobbing und Medienerziehung vermittelt sowie Hilfestellung bei der Begleitung ihrer Kinder im sicheren Umgang mit den Medien gegeben wird.

Zum Abschluss lernen die Lehrkräfte der teilnehmenden Schulen im Rahmen einer eintägigen Fortbildung, die von der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Mechthild Schäfer von derLudwig-Maximilians-Universität München durchgeführt wird: Woran ist Mobbing zu erkennen – und wie ist es von altersgerechten Konflikten zu unterscheiden? Mobbing wird hierbei wissenschaftlich fundiert entwicklungs- und sozialpsychologisch betrachtet.

Um präventive Nachhaltigkeit zu sichern, schließt sich an die Fortbildung eine selbstverpflichtende Umsetzungsphase in der eigenen Schule an. Diese wird durch eine exklusive und kostenfreie Nutzungsmöglichkeit der eigens für das Programm entwickelten Wissensdatenbank gestützt. Die Lehrkräfte erhalten damit dauerhaft die Möglichkeit, sich wissenschaftlich fundiert und aktuell mit der Thematik auseinanderzusetzen, die pädagogischen und psychologischen Aspekte, die die Fortbildung vermittelt, nachzuschlagen und zu wiederholen sowie Ideen, Anregungen und Arbeitstools für präventive Übungen oder Unterrichtsinhalte zu finden.

„Tom Lehels
WIR WOLLEN MOBBINGFREI!!“

Das Programm von und mit Tom Lehel ist das erste evidenzbasierte, umfassende Anti Mobbing-Präventionsprogramm für 3. und 4. Klassen von Grundschulen in Deutschland.

Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern werden von einer Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Mechthild Schäfer, Ludwig-Maximilians-Universität München, wissenschaftlich begleitet. Die Teilnahme ist kostenlos.

Alle Infos zum Programm sowie den Link zum Video mit Stefanie Heinzmann gibt es unter www.wirwollenmobbingfrei.com

Tom Lehel's wir wollen Mobbingfrei
Tom Lehel
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