Arbeitsrecht - 09.11.2022

Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Das Bundeskabinett hat am 8. Juni 2022 einen Gesetzentwurf beschlossen, um die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ in deutsches Recht umzusetzen. Die Umsetzung hätte eigentlich bereits bis zum 2. August 2022 geschehen sollen. Zwar hinkt Deutschland zeitlich ein wenig hinterher, andererseits ist der Umsetzungsaufwand aufgrund der bestehenden gesetzlichen Regelungen sehr überschaubar.

Neu: Einbeziehung von Kleinbetrieben

Ziel der EU-Richtlinie soll sein, gesetzliche Mindestvorschriften in allen europäischen Ländern zu schaffen, um die Gleichstellung von Männern und Frauen im Hinblick auf Arbeitsmarktchancen und die Behandlung am Arbeitsplatz zu erreichen. Dazu soll allen Beschäftigten, die Eltern oder pflegende Angehörige sind, die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben erleichtert werden.

Wesentliche Vorgaben der vollständig umzusetzenden EU-Richtlinie sind in Deutschland aufgrund bereits bestehender gesetzlicher Regelungen schon realisiert, insbesondere durch das

Der nun vorliegende Gesetzentwurf zur weiteren Umsetzung der EU-Richtlinie enthält deshalb nur noch Regelungen, mit denen bereits bestehende Gesetze in Deutschland geringfügig ergänzt werden. Zu beachten sind v. a. folgende Änderungen:

  • § 15 BEEG: Alle Arbeitgeber müssen künftig nach einer Ablehnung des Wunsches eines Elternteils zur Arbeitszeitverringerung in der Elternzeit ihre Entscheidung begründen, und zwar unabhängig von der Größe des Betriebes. Der Gesetzgeber wünscht sich eine größere Transparenz der Entscheidungsgründe, wobei es in der Gesetzesbegründung heißt, dass eine kurze Begründung ausreicht, an deren Inhalt keine besonderen Anforderungen zu stellen sind. Dennoch darf die Ablehnung des Wunsches der Beschäftigten weder willkürlich noch aus der Luft gegriffen sein.
    Die Begründung kann zwar formlos erfolgen, allerdings liegt die Beweislast beim Arbeitgeber, weshalb eine Begründung in Textform, z. B. per E-Mail, sinnvoll ist.
  • §§ 35 PflegeZG und §§ 2a3 FPfZG: Bisher gilt in Deutschland, dass der Rechtsanspruch auf Pflegezeit oder Familienpflegezeit von der Betriebsgröße abhängt: Der Pflegezeitanspruch besteht in Betrieben ab 16 Beschäftigten, der Familienpflegezeitanspruch ab 26 Beschäftigten.
    Beschäftigte in Kleinbetrieben haben demnach keinen gesetzlichen Anspruch. Daran sollen auch die neuen Regelungen grundsätzlich nichts ändern. Beschäftigte in Kleinbetrieben sollen aber trotzdem von der Möglichkeit einer Pflegeauszeit nicht vollständig ausgeschlossen werden. Ihnen wird durch die nun anstehende Erweiterung der gesetzlichen Vorschriften gestattet, beim Arbeitgeber (Familien-)Pflegezeit zu beantragen.
    Arbeitgeber von Kleinbetrieben müssen dann innerhalb von vier Wochen über den gestellten Antrag entscheiden. Auch an dieser Stelle gilt: Im Falle der Ablehnung müssen die Arbeitgeber ihre Entscheidung in Textform begründen. Weitergehende Ansprüche können Beschäftigte in Kleinbetrieben jedoch nicht geltend machen. Kommt dagegen eine Freistellungsvereinbarung zustande, ist zu beachten, dass dann wie in einem größeren Betrieb die gesamten Vorschriften und Rechtsfolgen des PflegeZG und des FPfZG ohne Einschränkungen gelten, insbesondere der gesetzliche Kündigungsschutz während der Freistellungszeit.

Für beide o. g. Fälle gilt, dass der Gesetzgeber weder einen Mindestinhalt für ablehnende Begründungen vorgibt noch Sanktionen für den Fall vorsieht, dass die eigentlich vorgeschriebene Begründung nicht erfolgt. Beides kann jedoch Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

Bedenkt man zudem, dass die gesetzlichen Pflegezeiten bisher nicht übermäßig oft in Anspruch genommen werden, hält sich der durch die Ausweitungen zu erwartende Kostenund Verwaltungsaufwand für Kleinbetriebe in einem überschaubaren Rahmen.

Ausbau des Diskriminierungsschutzes

Für Arbeitgeber von untergeordneter Bedeutung ist, dass es im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie auch zu einer geringfügigen Änderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) kommen soll. Nach § 27 AGG soll zukünftig gelten, dass sich Beschäftigte an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden können, wenn sie der Ansicht sind, aufgrund der Beantragung oder Inanspruchnahme einer Arbeitszeitreduzierung oder -anpassung im Rahmen von Eltern- oder Pflegezeit oder aufgrund der Ausübung sonstiger Rechte als Eltern oder Pflegende benachteiligt worden zu sein.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist eine fachlich unabhängige Anlaufstelle, die beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelt ist und Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, Beratung und Unterstützung anbieten kann. Es besteht kein direkter Einfluss auf das Arbeitsverhältnis, wenn Betroffene sich an die Antidiskriminierungsstelle wenden.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Inhalt zwischenzeitlich veraltet sein könnte.

Keine Ausgabe mehr verpassen? Hier abonnieren.