Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) kann erschüttert sein, wenn die Krankschreibung eines gekündigten Arbeitnehmers exakt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses dauert und er unmittelbar nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses eine neue Beschäftigung antritt. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hervor.
In dem verhandelten Fall hatte ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter am 3. Mai 2022 zum Monatsende gekündigt. Zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs war der Beschäftigte für den Zeitraum vom 2. bis 6. Mai 2022 krankgeschrieben. Mit zwei AU-Folgebescheinigungen vom 6. und 20. Mai wurde die Krankschreibung bis zum 31. Mai 2022, also bis zum Ende der Kündigungsfrist, verlängert. Direkt im Anschluss trat der Arbeitnehmer zum 1. Juni 2022 eine neue Stelle an. Sein bisheriger Arbeitgeber bezweifelte, dass tatsächlich eine Arbeitsunfähigkeit vorlag und lehnte eine Lohnfortzahlung ab. Hiergegen klagte der Beschäftigte, da die Arbeitsunfähigkeit bereits vor der Kündigung vorgelegen hätte.
Entgegen den beiden Vorinstanzen gaben die Richter des BAG dem Arbeitgeber zum Teil recht. Sie entschieden, dass der Beweiswert der AU-Folgebescheinigungen vom 6. und 20. Mai erschüttert sei. Diese wären jeweils passgenau verlängert worden und stimmten mit der Dauer der Kündigungsfrist überein, was die Vorinstanzen nicht ausreichend beachtet hätten. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass der gekündigte Arbeitnehmer unmittelbar nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufgenommen habe. Daher treffe den Arbeitnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Das BAG hat den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.
BAG, Urteil vom 13.12.2023, 5 AZR 137/23