Arbeitsrecht - 09.08.2023

Hinweisgeberschutzgesetz – neue Arbeitgeberpflichten

Seit dem 2. Juli 2023 ist das neue „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“ in Kraft. Arbeitgeber mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten müssen nun ein internes Meldesystem einrichten und aktiv betreiben, um Whistleblower und solche Personen zu schützen, die Hinweise auf besondere betriebliche Missstände geben.

Geltungsbereich des Gesetzes und geschützter Personenkreis

Durch das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) sollen Whistleblower geschützt werden, also alle Personen, die in einem beruflichen Kontext strafbewehrte Verstöße oder andere Vergehen melden, die bußgeldbewehrt sind und dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen. Auch das Melden von Verstößen gegen sonstige Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder oder unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union fällt unter den gesetzlichen Schutz.

Geltungsbereich des Gesetzes

Der neue Hinweisgeberschutz kommt nur bei Arbeitgebern zur Anwendung, die mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigen. Für kleinere Betriebe und Unternehmen ändert sich also durch die Einführung des HinSchG nichts, wobei dessen Vorgaben natürlich freiwillig umgesetzt werden können.

Ab welchem Zeitpunkt das Gesetz gilt, hängt ebenfalls von der Anzahl der Beschäftigten ab: Hat das Unternehmen mehr als 250 Mitarbeiter, gelten die gesetzlichen Vorschriften bereits seit dem 2. Juli 2023 und müssen seither angewendet werden. Werden dagegen nur 50 bis 249 Personen beschäftigt, gilt eine kurze Schonfrist: Arbeitgeber müssen die neuen Vorschriften erst ab dem 17. Dezember 2023 umsetzen. Spätestens dann muss das HinSchG auch in diesen Betrieben zwingend angewendet werden.

Für konzernangehörige Unternehmen soll gelten, dass auch bei einer anderen Konzerngesellschaft eine unabhängige und vertrauliche Stelle eingerichtet werden kann, die für mehrere Konzernunternehmen zuständig ist. Die gesetzlichen Bestimmungen sind allerdings nicht ganz eindeutig.

Geschützter Personenkreis

Hinweisgeber müssen nicht zwingend die Beschäftigten eines Unternehmens sein. Das HinSchG schützt neben den Angestellten beispielsweise auch Geschäftspartner, Lieferanten, freie Mitarbeiter, Praktikanten etc. Genauso gilt das Gesetz im öffentlichen Dienst und auch für Beamte. Jedoch muss immer ein Zusammenhang zu der beruflichen Tätigkeit der betreffenden Person bestehen, private Informationserlangungen und -weitergaben fallen nicht unter das HinSchG.

Schutz der Whistleblower

Das HinSchG sieht ein Verbot von Repressalien gegenüber dem Hinweisgeber sowie bereits ein Verbot der bloßen Androhung derselben vor. Damit soll ausgeschlossen werden, dass die hinweisgebende Person infolge einer Meldung Nachteile erleidet. Hierunter fallen insbesondere arbeitsrechtliche Sanktionen wie Versetzung, Abmahnung oder Kündigung bzw. sonstige Nachteile wie keine Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages. Erleidet eine hinweisgebende Person nach einer Meldung eine Benachteiligung im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, so wird zukünftig vermutet, dass dies eine verbotene Repressalie ist. In diesem Fall kommt es zu einer Umkehr der Beweislast und der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Benachteiligung nicht auf der Meldung beruht. Ungerechtfertigte Benachteiligungen können Schadensersatzansprüche zur Folge haben und als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Eine eindeutige gesetzliche Verpflichtung dazu besteht zwar nicht, jedoch ist dringend zu empfehlen, anonyme Meldemöglichkeiten im Betrieb einzurichten.

Praxistipp

Whistleblower sind nur geschützt, wenn sie bei einer Meldung annehmen durften, dass ein Verstoß vorliegt, der auch unter den Anwendungsbereich des HinSchG fällt. Behauptungen ins Blaue hinein sind nicht schützenswert. Stellt sich später heraus, dass kein Verstoß vorgelegen hat, sind sie jedoch geschützt, wenn sie gutgläubig handelten.

Anforderungen an Arbeitgeber

Neue Pflichten für Arbeitgeber

Das HinSchG sieht u. a. folgende Maßnahmen vor, die Arbeitgeber nun umzusetzen haben:

  • Die Schaffung sicherer interner Hinweisgebersysteme und Meldestellen, die auch aktiv betrieben werden müssen.
  • Whistleblower müssen die Möglichkeit erhalten, dort Hinweise mündlich, schriftlich oder persönlich abzugeben.
  • Die interne Meldestelle muss in der Lage sein, dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen den Eingang einer Meldung zu bestätigen.
  • Die Meldestelle muss in der Lage sein, innerhalb von drei Monaten den Whistleblower über die ergriffenen Maßnahmen zu informieren.
  • Das Vertraulichkeitsgebot ist strikt zu beachten.
  • Anonymen Hinweisen muss nachgegangen werden.

Hinweisgeber müssen einen Verstoß nicht zwingend bei den betrieblichen Meldestellen anzeigen, sondern können auch die neu geschaffenen zentralen Meldestellen beim Bundesamt für Justiz oder der Länder kontaktieren. Die Arbeitgeber können also nicht verlangen, dass Meldungen zunächst betriebsintern zu erfolgen haben.

Nicht verpflichtend, in vielen Unternehmen aber üblich, sind sog. Whistleblowing- Hotlines. Unterbleibt die Einrichtung der Meldestelle, können Bußgelder bis zu 50.000 EUR fällig werden.

Reaktionspflichten nach einer Meldung

Geht bei der Meldestelle ein Hinweis ein, müssen folgende Maßnahmen eingeleitet werden:

  • Die Meldestelle muss der hinweisgebenden Person den Empfang ihrer Meldung spätestens innerhalb von sieben Tagen bestätigen.
  • Die Meldung muss datenschutzkonform dokumentiert werden.
  • Die Meldung muss zumindest grob auf Stichhaltigkeit geprüft werden.
  • Es müssen angemessene Folgemaßnahmen ergriffen werden, z. B. Meldungen an die Staatsanwaltschaft.
  • Die hinweisgebende Person muss innerhalb von drei Monaten nach Eingangsbestätigung über alle getroffenen und geplanten Maßnahmen informiert werden.

Beteiligung des Betriebsrates

Bei Einrichtung der Meldestelle handelt es sich um eine gesetzliche Verpflichtung, weshalb der Betriebsrat zwar in jedem Fall zu informieren ist, aber ohne dass ein Mitbestimmungsrecht besteht. Dagegen ist der Betriebsrat im Rahmen der personellen Mitbestimmung zu beteiligen, wenn Beschäftigte dauerhaft Aufgaben in der Meldestelle übernehmen sollen. Ob und inwieweit die Umsetzung der einzelnen Aufgaben der Meldestelle mitbestimmungspflichtig ist, hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Es spricht zwar viel dafür, dass keine umfassenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bestehen, dennoch empfiehlt sich der Abschluss einer Betriebsvereinbarung, schon um eventuelle Streitigkeiten zu vermeiden und transparente betriebliche Regelungen zu schaffen.

Anforderungen an die interne Meldestelle

Die Organisation und Ausgestaltung der Meldestelle ist den Arbeitgebern weitgehend selbst überlassen. Es muss jedoch mindestens eine zuständige Person oder eine Stelle eindeutig benannt werden, die eingehende Meldungen entgegennimmt, bearbeitet und v. a. datenschutzkonform dokumentiert. Zudem ist unbedingt die Vertraulichkeit der hinweisgebenden Person zu schützen. Diese Aufgaben können auch auf externe Dienstleister übertragen werden. Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern können zudem gemeinsame Meldestellen einrichten.

Die Meldestelle ist technisch so auszustatten, dass die gesetzlichen Aufgaben sachgerecht wahrgenommen werden können. Darüber hinaus ist dafür Sorge zu tragen, dass die mit den Aufgaben der internen Meldestelle beauftragten Personen über die notwendige Fachkunde verfügen.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Inhalt zwischenzeitlich veraltet sein könnte.

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