BGM - 03.08.2021

BEM: Hinzuziehen einer Vertrauensperson

Die Verpflichtung der Arbeitgeber zur Durchführung eines betrieblichen (Wieder-)Eingliederungsmanagements (BEM) ist nicht neu; sie gilt seit dem Jahr 2004. Davor gab es bereits eine entsprechende Regelung, die aber nur für schwerbehinderte Beschäftigte galt. Neu ist nun, dass Arbeitnehmer, die an einem BEM teilnehmen, eine Vertrauensperson ihrer Wahl hinzuziehen können.

Grundregeln des Verfahrens

Wichtig für ein erfolgreiches BEM ist vor allem die Schaffung einer Vertrauensbasis zwischen den Beteiligten. Insbesondere in Betrieben ohne Interessenvertretung wird den Beschäftigten neuerdings die Möglichkeit weiterer Unterstützung im BEM eingeräumt. Die Teilnahme einer Vertrauensperson auf Seiten des Beschäftigten kann erheblich zum Erfolg des BEM beitragen. Das BEM bietet eine ganze Reihe von Chancen. Aber zunächst die Grundregeln des Verfahrens.

Arbeitgeber sind nach § 167 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) verpflichtet, für Beschäftigte, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind, ein BEM durchzuführen. Das müssen nicht sechs Wochen in ununterbrochener Folge sein, die 42 Kalendertage können sich auch aus mehreren verschiedenen Arbeitsunfähigkeitszeiten zusammensetzen. Diese Regelung gilt unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter des Betriebes.

Das BEM kann nur mit dem Einverständnis des Beschäftigten durchgeführt werden. Der Arbeitgeber muss es aber auf jeden Fall anbieten.

Das Verfahren

Am Anfang steht das Gespräch mit dem Beschäftigten, in dem ihm die Grundzüge des Wiedereingliederungsmanagements dargestellt und seine Zustimmung eingeholt wird. Dabei ist die Interessenvertretung der Beschäftigten, also der Betriebs- oder Personalrat, einzubinden. Bei Schwerbehinderten wird zusätzlich die Schwerbehindertenvertretung (gibt es nur in Unternehmen, in denen mindestens fünf Schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte Personen beschäftigt werden) hinzugezogen.

Neu: Vertrauensperson beim BEM

Mit dem sog. Teilhabestärkungsgesetz ist für die Zeit seit dem 10. Juni 2021 u. a. geregelt worden, dass die Beschäftigten beim BEM eine zusätzliche Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen können (Ergänzung in § 167 Abs. 2 SGB IX). Das ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn es im Unternehmen keine Interessenvertretung der Arbeitnehmer gibt.

Den Beschäftigten steht es frei, selbst zu wählen, wer als Vertrauensperson am BEM teilnehmen soll. Sie allein entscheiden, ob und ggf. wer hinzugezogen wird. Dabei kann es sich um ein Mitglied der Interessenvertretung, eine Person aus dem Betrieb oder auch um eine Person außerhalb des Betriebes handeln. Die Arbeitgeber informieren die Beschäftigten über die Möglichkeit, eine Vertrauensperson hinzuzuziehen.

Hinzuziehen einer Vertrauensperson Grundregeln des Verfahrens
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Praxistipp

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat eine aktuelle Broschüre zur Betrieblichen Wiedereingliederung nach psychischer Erkrankung herausgegeben. 

Ziele des BEM

Im Gespräch wird versucht, den Ursachen der Erkrankung auf die Spur zu kommen. In weiteren Schritten werden gemeinsam (ggf. mit Unterstützung von Betriebsarzt und anderen Stellen) Maßnahmen zur Vermeidung erneuter Erkrankungen gesucht und umgesetzt.

Ein solches – auch als „Rückkehrergespräch“ betitelte – Gespräch bietet große Chancen. Denn wer weiß besser als der Beschäftigte selbst, wo der Schuh drückt und welche Faktoren ihn belasten. Direkten Einfluss nehmen kann das Unternehmen natürlich immer nur dann, wenn die Ursachen im betrieblichen Handlungsbereich liegen. Andernfalls können aber Gesprächs- oder Unterstützungsangebote (evtl. auch über externe Organisationen) hilfreich sein. Voraussetzung für ein sinnvolles und weiterführendes Gespräch ist eine gute Vertrauensbasis zwischen Beschäftigtem, Vorgesetzten und dem Unternehmen. Herrscht hier Misstrauen oder ein schlechtes Klima, wird der Beschäftigte ein solches Gespräch im Zweifel ablehnen oder sich zumindest nicht öffnen.

Ein BEM kostet das Unternehmen – bedingt durch den Zeitaufwand und die unter Umständen notwendigen Veränderungen – Geld. Wie bei jeder Art von Prävention amortisiert sich der Einsatz aber meist sehr schnell. Das Vermeiden von Arbeitsunfähigkeitszeiten führt zu Einsparungen. Neben der Entgeltfortzahlung selbst sind dies die Kosten für Ersatzkräfte (oder Überstunden der anderen Mitarbeiter), Verringerung der Produktivität oder im schlimmsten Fall entgangene Geschäfte. Dazu kommen weitere Vorteile, die nicht immer direkt bezifferbar sind.

Vorteile des BEM auf einen Blick

  • Krank machende Faktoren können frühzeitig erkannt und beseitigt werden. Daraus ergeben sich in der Folge geringere Krankenstände, also weniger Arbeitsausfälle auch bei anderen Mitarbeitern.
  • Optimale Organisation, Arbeitsmaterialien und Hilfsmittel führen zu einer höheren Produktivität der Mitarbeiter.
  • Die Mitarbeiter sind besser motiviert und damit produktiver. Die Beschäftigten erkennen die Bemühungen des Arbeitgebers um eine gesunde Arbeit und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Sie fühlen sich wohler und identifizieren sich mehr mit dem Unternehmen (Bindung von Fachkräften!).
  • Das Betriebsklima wird verbessert und führt insgesamt zu einer höheren Lebensqualität – und damit wiederum zu einer höheren Produktivität der Mitarbeiter.
  • Fachkräfte im Unternehmen bleiben gesund und damit länger arbeitsfähig.
  • Sofern unvermeidlich, ist bei Krankheit nach einem BEM-Angebot eine rechtssichere Kündigung möglich.
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