Personalpraxis - 23.04.2021

Homeoffice: So gelingt Führung auf Distanz

Internationale Konzerne kennen das Phänomen der virtuellen Führung schon länger, für viele kleinere und mittelständische Betriebe hat die verstärkte Nutzung des Homeoffice in der Corona-Krise zu einem spontanen Lernprozess geführt: Wie lassen sich Teams koordinieren, wenn nicht alle Beteiligten am selben Ort sind?

Kommunikation ist der Schlüssel

Virtuelle Führung gelingt am besten, wenn alle Beteiligten frühzeitig, intensiv und nachvollziehbar informiert sind. Es muss also jemanden geben, der sich als Leitung versteht und – soweit in Projekten gearbeitet wird – das jeweilige Projekt verantwortlich koordiniert, insbesondere also zwischen dem Auftraggeber oder Kunden und den Teammitgliedern vermittelt. Wenn nicht alle Teammitglieder vor Ort sind, bedeutet das v. a., die Fertigstellung der einzelnen Projektschritte rechtzeitig sicherzustellen, ohne eine Vor-Ort-Kontrolle ausüben zu können. Hier sind eine detaillierte, frühzeitig kommunizierte Planung und das persönliche Gespräch unersetzlich. Routinetelefonate oder – v. a. bei mehrteiligen Teams – Videokonferenzen zu festgelegten Terminen ersetzen das übliche Teammeeting. Sie bieten allen Beteiligten die Möglichkeit, den aktuellen Stand des gemeinsamen Projektes, Schwierigkeiten oder Verzögerungen frühzeitig zu besprechen und gemeinsam zu lösen. Außerdem stärken sie den Zusammenhalt im Team – und ermöglichen auch einen Einblick, ob die Chemie zwischen den Beteiligten aktuell stimmt.

TIPP
Führungskräfte müssen in Krisensituationen als „Kapitän auf der Brücke“ stehen, den Überblick behalten und den Teammitgliedern Zuversicht vermitteln – gerade, wenn es viele Ungewissheiten gibt und Pläne häufig geändert werden müssen. Aktionismus und Mikromanagement sind hier kontraproduktiv.

Moderations­ und Organisationsfähigkeiten sind gefragt

Bei virtuellen Meetings sind die empathischen Fähigkeiten sowie die Souveränität der Teamleitung besonders gefragt. Sie muss herausfinden, wie die Befindlichkeiten und die Stimmung im Team sind. Im Sinne einer verantwortungsvollen Führung sollten Konflikte möglichst früh erkannt und gelöst werden, damit sie sich nicht verfestigen. Bei Streit oder Auseinandersetzungen zwischen zwei Mitarbeitern könnten beispielsweise Videotelefonate einberufen werden.

Homeoffice So gelingt Führung auf Distanz
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Vertrauen – besser als Kontrolle

Bei zeitkritischen Projekten kommt es manchmal auf jede Stunde an. Die Zeit, die das Teammitglied zum Beantworten von Nachfragen benötigt, fehlt ihm bei der Fertigstellung der Aufgabe. Daher sollten die Projektzusammenhänge und die festgelegten Termine klar kommuniziert, die Ausgestaltung des Weges dorthin aber möglichst freigestellt werden. Wenn der mit der Aufgabe betraute Mitarbeiter den Termin bestätigt hat, sollte die Projektleitung von ständigen Nachfragen absehen und stattdessen beim Routinetermin erfragen, ob alles im Zeitplan liegt.

HINWEIS
Besonders in virtuellen Teams müssen alle Projektbeteiligten denselben Wissensstand über das Projekt haben. Änderungen etwa am Zeitplan sollten frühzeitig allen bekanntgegeben werden. Der „Flurfunk“ fällt im Homeoffice ebenso aus wie der „kurze Dienstweg“, um Probleme zu lösen.

Betriebsklima pflegen – auch virtuell

Unternehmen leben davon, dass sich die Mitarbeiter dort wohlfühlen und auch eigene Ideen einbringen. Das Bedürfnis nach gemeinsamen Unternehmungen oder intensiven Gesprächen mag von Person zu Person unterschiedlich sein. Wichtig ist aber, dass das Unternehmen entsprechende Angebote macht, und das gilt auch bei der Arbeit aus dem Homeoffice. Wenn es sonst ein wöchentliches Teammeeting gibt, bei dem auch weniger dienstliche Dinge besprochen werden, gibt es nun vielleicht einen Zoom-Kaffeeklatsch mit freiwilliger Teilnahme. Wichtig ist, dass solche Gruppentraditionen weitergeführt werden, denn sie geben Halt und machen Mut in einer unsicheren Zeit. Ohne jegliches soziale Feedback zu arbeiten, fällt den meisten Menschen schwer, ganz besonders, wenn sie allein im Homeoffice sitzen.

Tipps für gute Führung auf Distanz

  • Bieten Sie allen Teammitgliedern regelmäßige Videokonferenztermine an.
  • Geben Sie den Mitgliedern Ihres virtuellen Teams ehrliches, anerkennendes Feedback, würdigen Sie Erfolge.
  • Liefern Sie soziale Unterstützung, stellen Sie trotz der unterschiedlichen Arbeitsorte Nähe her, bieten Sie Hilfe an.
  • Informieren Sie sich im Gespräch mit dem Teammitglied über die Arbeits- und Lebens- bedingungen in dessen Homeoffice, sofern es darüber sprechen möchte.
  • Führen Sie ergebnisorientiert und fördern Sie Autonomie: Setzen Sie Ziele und Termine, aber geben Sie nicht jeden Handgriff vor und kontrollieren Sie nicht jeden kleinsten Arbeitsschritt.
  • Schaffen Sie technische Rahmenbedingungen, die zu den Arbeitsprozessen des Teammitglieds passen, beteiligen Sie es an der Auswahl von Soft- und Hardware.
  • Wählen Sie für jede Nachricht den angemessenen Kommunikationskanal.

Auseinandersetzungen werden im virtuellen Raum häufig etwas heftiger geführt als im persönlichen Gespräch. Hier ist ein gutes Fingerspitzengefühl gefragt. Die Erinnerung an gemeinsame Werte und der Wunsch, zusammen gut durch die Krisenzeit zu kommen, können hierbei Aufhänger für eine Einigung sein.

Die BKK-Initiative BGM 4.0 hat die Online-Plattform „GesundFühren“ entwickelt, die u. a. E-Learnings, Seminar- und Coachingprogramme zur gesundheitsorientierten Führung anbietet.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Inhalt zwischenzeitlich veraltet sein könnte.

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