Die Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung ist in der betrieblichen Praxis nicht immer einfach. Das Statusfeststellungsverfahren soll Erwerbstätige und Auftraggeber vor den Risiken einer falschen Statuseinschätzung schützen. Ab dem 1. April 2022 treten einige Änderungen im Statusfeststellungsverfahren in Kraft, die der Gesetzgeber bereits im Frühjahr 2021 beschlossen hatte.
Rechtssicherheit bei der Beurteilung
Mit dem Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV wird der sozialversicherungsrechtliche Status von Tätigkeiten geprüft und festgelegt. Es soll den Beteiligten Rechtssicherheit darüber geben, ob sie selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt sind. Das Verfahren wird von der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund durchgeführt.
Es ist v. a. für Personen sinnvoll, deren Sozialversicherungsstatus nicht zweifelsfrei zu erkennen ist. In der Praxis betrifft dies in erster Linie Personen, bei denen gleichermaßen Angestellten- und Unternehmereigenschaften vorliegen. Es wird zwischen dem obligatorischen und dem optionalen Statusfeststellungsverfahren unterschieden. Obligatorisch ist das Statusfeststellungsverfahren, wenn zum Arbeitgeber eine Beziehung als Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling besteht, bzw. wenn es sich um eine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH handelt. Solche Sachverhalte sind bei der DEÜV-Anmeldung entsprechend zu kennzeichnen. Bei allen anderen Tätigkeiten kann die Clearingstelle von den Beteiligten optional eingeschaltet werden.
Praxistipp
Durch die Neuregelungen beim Statusfeststellungsverfahren ändert sich an den Kriterien zur Abgrenzung einer Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit nichts. Es gelten weiterhin die bisherigen Regelungen.
Die Neuerungen ab 1. April 2022
Die wesentlichen Bausteine der Reform des Statusfeststellungsverfahrens, die ab 1. April 2022 gelten, sind gesetzlich bis zum 30. Juni 2027 befristet. Während dieses Pilotbetriebs werden sie von der Deutschen Rentenversicherung Bund bewertet. Bis zum 31. Dezember 2025 wird ein Erfahrungsbericht vorgelegt und auf dieser Basis über die dauerhafte Einführung der Reformbausteine entschieden.
Feststellung des Erwerbsstatus
Das Statusfeststellungsverfahren der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund wird auf die Feststellung beschränkt, ob eine Erwerbstätigkeit eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit ist. Bisher musste die Clearingstelle im Fall einer Beschäftigung zusätzlich über die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung entscheiden. Dieser zusätzliche Schritt entfällt künftig und führt auch dazu, dass die Anträge auf Statusfeststellung einfacher aufgebaut sein werden. Alle Angaben, die zur Beurteilung der Versicherungspflicht erforderlich waren, entfallen.
Gruppenfeststellung wird ermöglicht
Ab dem 1. April 2022 wird eine sog. Prognoseentscheidung eingeführt. Sie ermöglicht eine Statusfeststellung, schon bevor die jeweilige Tätigkeit aufgenommen wird. Grundlage für die Entscheidung der Clearingstelle zum sozialversicherungsrechtlichen Status bilden dann die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und die von ihnen beabsichtigten und antizipierten Umstände der Vertragsdurchführung. Die neue Prognoseentscheidung schafft damit bereits vor Aufnahme der Tätigkeit Rechtssicherheit für alle Beteiligten.
Neue Prognoseentscheidung
Ab dem 1. April 2022 wird eine sog. Prognoseentscheidung eingeführt. Sie ermöglicht eine Statusfeststellung, schon bevor die jeweilige Tätigkeit aufgenommen wird. Grundlage für die Entscheidung der Clearingstelle zum sozialversicherungsrechtlichen Status bilden dann die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und die von ihnen beabsichtigten und antizipierten Umstände der Vertragsdurchführung. Die neue Prognoseentscheidung schafft damit bereits vor Aufnahme der Tätigkeit Rechtssicherheit für alle Beteiligten.
Neue Regelung für Dreiecksverhältnisse
Beim Einsatz von Fremdpersonal in Unternehmen kommt es häufig zur Beteiligung von mehr als zwei Parteien, beispielsweise wenn der Einsatz Erwerbstätiger in einem Unternehmen über Agenturen vermittelt wird. Hier ist in der betrieblichen Praxis oft nicht nur fraglich, ob eine Beschäftigung vorliegt, sondern auch mit wem. Für Vertragsverhältnisse, an denen mehr als zwei Parteien beteiligt sind, wird die Möglichkeit einer umfassenden Statusprüfung durch ein eigenes Antragsrecht des Dritten geschaffen. Voraussetzung ist, dass der Dritte im Fall einer Beschäftigung als Verpflichteter für die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in Betracht kommt. Außerdem erhält auch die Clearingstelle die Kompetenz, eine Tätigkeit umfassend und nicht nur begrenzt auf jeweils ein Rechtsverhältnis zu beurteilen.
Mündliche Anhörung im Widerspruchsverfahren
Im Widerspruchsverfahren haben die Beteiligten das Recht, eine mündliche Anhörung zu beantragen, wenn der Widerspruch zuvor bereits schriftlich begründet wurde. Sie soll gemeinsam mit den anderen Beteiligten am Statusfeststellungsverfahren erfolgen, damit die entscheidungserheblichen Tatsachen für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung in einem Dialog gemeinsam herausgearbeitet werden können. Eine Pflicht zur Teilnahme ergibt sich für die Beteiligten durch die Neuregelung aber nicht.