Arbeitsrecht - 22.06.2023

Das neue Chancen-Aufenthaltsrecht

Mit dem seit Jahresbeginn geltenden Chancen-Aufenthaltsrecht wird es Unternehmen in Deutschland leichter gemacht, geduldete Migranten, die sich schon längere Zeit in Deutschland aufhalten, rechtssicher für 18 Monate als Arbeitskräfte bzw. Auszubildende einzustellen.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Seit dem 31. Dezember 2022 ist der neue § 104c Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in Kraft. Er regelt die Voraussetzungen für einen zusätzlichen befristeten Aufenthaltstitel für Geduldete in Deutschland, die sich hier bereits seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen aufhalten (Stichtag ist der 31. Oktober 2022). Neben der Duldung wird auch eine Duldung für Personen mit ungeklärter Identität (§ 60b AufenthG), die z. B. auf der Flucht ihren Pass verloren haben, sowie eine Gestattung oder der Aufenthalt mit einem Aufenthaltstitel einbezogen.

Mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht ist gleichzeitig eine Arbeitserlaubnis für diese Personen verbunden – nicht nur eine Chance für die arbeitswilligen Geduldeten, sondern auch für Unternehmen, die bereit sind, sie einzustellen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, hat der Arbeitgeber zumindest für 18 Monate die Sicherheit, dass sein Beschäftigter nicht in dieser Zeit abgeschoben werden kann. Im Anschluss daran besteht die Möglichkeit, eine längerfristige Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Diese muss jedoch gesondert beantragt werden.

Neben der fünfjährigen Aufenthaltsdauer müssen für das Chancen-Aufenthaltsrecht noch folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Duldungsstatus: Spätestens, wenn über den Antrag auf den Chancen-Aufenthalt entschieden wird, muss eine Duldung vorliegen (gleichgestellt ist ein Rechtsanspruch auf eine Duldung).
  • Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung: Der Geduldete muss gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde eine schriftliche Loyalitätserklärung abgegeben haben.
  • Straffreiheit: Vorstrafen mit 50 oder mehr Tagessätzen bei allgemeinen Straftaten oder mit 90 oder mehr Tagessätzen bei ausländerrechtlichen Straftaten dürfen nicht vorliegen.
  • Keine Versagensgründe: Der Geduldete darf während seines bisherigen Aufenthalts nicht mehrfach vorsätzlich über seine Identität getäuscht oder Falschangaben gemacht haben. Dabei handelt es sich um Vergehen, die straffrei geblieben sind. 

Eine Verlängerung des Aufenthaltstitels nach § 104c AufenthG ist nicht vorgesehen. Nach den 18 Monaten müssen die Bedingungen für einen Antrag auf ein dauerhaftes Bleiberecht bestehen, oder der Beschäftigte erhält im Anschluss wieder nur eine Duldung, deren Voraussetzungen erneut behördlich geprüft werden müssen.

Praxistipp

Der Chancen-Aufenthaltstitel kann auch für Ehegatten, Lebenspartner oder in häuslicher Gemeinschaft lebende ledige Kinder gelten. Allerdings müssen diese dann – bis auf die Aufenthaltsdauer – dieselben Voraussetzungen erfüllen. Einen noch nicht vollzogenen Familiennachzug beinhaltet das neue Recht nicht.

Antragstellung für das Chancen-Aufenthaltsrecht

Der Antrag ist bei der zuständigen Ausländerbehörde (je nach Bundesland unterschiedlich) zu stellen. Das neu geschaffene Recht ist befristet – es tritt am 31. Dezember 2025 wieder außer Kraft, sofern es nicht vom Gesetzgeber verlängert wird. Ein entsprechender Antrag muss bis zu diesem Datum gestellt sein. Demzufolge profitieren zunächst einmal auch nur Geduldete, die bis spätestens 31. Dezember 2020 eingereist sind, von der Neuregelung.

Im Anschluss: Aufenthaltserlaubnis möglich

Während der 18 Monate besteht für Beschäftigte mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht die Möglichkeit, die notwendigen Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht nach § 25a AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und jungen Volljährigen) oder § 25b AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration) zu erlangen. Voraussetzungen für ein anschließendes Bleiberecht sind u. a. die Vorlage eines Passes bzw. eines Identitätspapiers, die überwiegend eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts sowie der Nachweis von mündlichen Deutschkenntnissen auf A2-Niveau.

Welche Ansprüche auf Sozialleistungen bestehen?

Personen mit einem Aufenthaltstitel nach § 104c AufenthG haben verschiedene sozialversicherungs- und steuerrechtliche Ansprüche (beispielhaft):

Vorteile für Arbeitgeber

  • Arbeitgeber haben (mindestens über 18 Monate) die Möglichkeit, rechtssicher den Einsatz von Geflüchteten in ihrem Unternehmen zu planen.
  • Die Einrichtung von „Willkommens-Routinen“ in Form von zusätzlichem Engagement der Arbeitgeber erlangt dauerhafte Wirkung (z. B. Beschäftigten-Patenschaft, unternehmensinterne Sprachkurse bei großen Unternehmen bzw. Freistellung zum Besuch derartiger Kurse, vorübergehender Einsatz von Dolmetschern).
  • Unterstützen die Arbeitgeber geflüchtete Auszubildende bei der Erfüllung der Bedingungen für dauerhafte Bleiberechte, können sie Ausbildungsabbrüche vermeiden.

    Praxistipp

    Hier finden Sie weitere Informationen zum Chancen-Aufenthaltsrecht.

    #NUiFerklärt: Chancen-Aufenthaltsrecht | Quelle: NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge

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