BGM - 28.04.2021

Alkohol – Gefahr am Arbeitsplatz

Unkonzentriertheit, Leistungsabfall, häufiges Fehlen, Arbeitsunfälle: die Auswirkungen von Alkohol am Arbeitsplatz können gravierend sein. Selbst erfahrenen Vorgesetzten fällt es oft schwer, das Problem offen anzusprechen. Häufig wird weggeschaut oder zu spät gehandelt, aus Unsicherheit im Umgang mit den Betroffenen. Was können Vorgesetzte tun, wenn sie merken, dass Mitarbeiter ein Alkoholproblem haben?

Alkohol - Gefahr am Arbeitsplatz
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Alkoholabhängigkeit in Deutschland

Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums sind in Deutschland etwa 1,6 Mio. Menschen von 18 bis 64 Jahren alkoholabhängig, darunter viele Arbeitnehmer. Jeder 20. Mitarbeiter entwickelt während seiner Berufstätigkeit ein gesundheitliches Alkoholproblem wie eine Abhängigkeitserkrankung oder Alkoholmissbrauch. Jeder 6. Mitarbeiter pflegt einen sog. riskanten Konsum. Der Missbrauch von Alkohol gilt als einer der wesentlichen Risikofaktoren für zahlreiche chronische Erkrankungen (z. B. Krebserkrankungen, Erkrankungen der Leber und Herz-Kreislauf-Erkrankungen) und für Unfälle. Es gibt kaum ein Organ, das nicht durch Alkohol geschädigt werden kann. Aufgrund der Risiken sollten Männer pro Tag nicht mehr Alkohol trinken als in 0,6 Liter Bier enthalten ist, Frauen nur die Hälfte davon. An mindestens zwei Tagen in der Woche sollte gänzlich auf Alkohol verzichtet werden.

Wie erkennt man ein Alkoholproblem?

Die Anzeichen für einen problematischen Alkoholkonsum sind individuell verschieden. Sie reichen von einer „Alkoholfahne“ oder dem häufigen Lutschen von Bonbons bis zu neu aufgetretener Unpünktlichkeit, häufigen Fehlzeiten oder Konzentrationsschwierigkeiten. Es kann zum Anlegen heimlicher Alkoholvorräte sowie zu labilem oder aggressivem Verhalten gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten kommen.

Wie gefährlich ist Alkohol am Arbeitsplatz?

Bei einer Vielzahl von Arbeitsunfällen ist Alkohol die Ursache. Ab 0,2 Promille steigt die Risikobereitschaft, ab 0,3 Promille wird man unaufmerksamer und kann sich schlechter konzentrieren. So wird schon das Glas Sekt zum Geburtstag von Kollegen zum Problem, sowohl im Straßenverkehr als auch beim Bedienen von Maschinen. Daher sollte Alkohol am Arbeitsplatz tabu sein. Schon im Vorfeld können Betriebe Beschäftigte an Maschinen sowie Mitarbeiter, die Dienstfahrzeuge nutzen, darin unterweisen, dass Arbeit und Alkohol nicht vereinbar sind. Auch ein absolutes Alkoholverbot per Betriebsvereinbarung oder die Zusammenarbeit mit Suchtberatungsstellen sind möglich.

Praxistipp

Die BG ETEM stellt die Praxishilfe „Alkohol und Arbeit – zwei, die nicht zusammenpassen“ kostenlos als Download zur Verfügung unter.

Verantwortung der Vorgesetzten

Besteht der Verdacht einer Alkoholabhängigkeit, sollten Vorgesetzte den Betroffenen umgehend unter vier Augen ansprechen. Im Gespräch sollte immer an die Arbeitsleistung und das konkrete Geschehen angeknüpft werden. Die Vorkommnisse sollten dokumentiert und mit dem Mitarbeiter besprochen werden: Was ist passiert, warum hat dies den Betrieb gestört und wo lag die Gefährdung im Betriebsablauf? Der Arbeitgeber sollte in dem Gespräch deutlich machen, dass er sich Sorgen macht und Hilfe anbieten, z.B. den Kontakt zu einer Beratungsstelle vor Ort herstellen.

Wichtig ist ein sachlicher und ruhiger Umgang mit dem Thema und die klare Botschaft, dass der Betrieb die Problematik konsequent begleitet. Gleichzeitig soll auch vermittelt werden, dass dem Betroffenen eine faire Chance geboten wird, wenn dieser sich seiner Suchterkrankung stellt und aktiv bei der Bekämpfung des Problems mitwirkt. Letztlich muss der Mitarbeiter selbst erkennen, dass er ein Problem hat und Hilfe auch annehmen wollen.

Ist ein Beschäftigter alkoholisiert, muss der Arbeitgeber ihn am Weiterarbeiten hindern. Sobald er sich selbst oder andere gefährden könnte, ist dafür zu sorgen, dass er unbeschadet nach Hause kommt. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bezieht sich auf einmalige Ereignisse, aber auch auf den Verdacht einer Alkoholabhängigkeit.

Fürsorgegespräche meist erfolgreich

Handelt es sich um einen einmaligen Vorfall, sind solche Fürsorgegespräche erfolgversprechend. Meist geht es um ein Fehlverhalten und nicht um eine Suchterkrankung. Gelingt es dem Mitarbeiter umzusteuern, ist das Thema für den Arbeitgeber erledigt und das sollte er im Rückmeldegespräch nach etwa vier Wochen auch signalisieren. Falls nicht, müssen weitere Lösungen gefunden werden. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen empfiehlt einen sog. 5-Stufen-Plan, in den im Laufe mehrerer Wochen nach und nach auch Betriebsrat oder Suchthelfer und die Personalabteilung einbezogen werden, bis es zur positiven Verhaltensänderung oder (im ungünstigsten Fall) zur Kündigung kommt.

Betroffene können nach einer Suchtepisode wieder zu voller Leistungsfähigkeit zurückkehren und etwa zu Ansprechpartnern bei Suchtproblemen ernannt werden oder im Unternehmen Selbsthilfegruppen gründen.

Praxistipp

Wegen der Corona-Pandemie mussten viele Arbeitnehmer ins Homeoffice wechseln. Die soziale Kontrolle durch Kollegen oder Vorgesetzte fällt weg, und damit steigt die Gefahr, dass mehr Alkohol konsumiert wird. Um diesem Risiko vorzubeugen, sollten Arbeitnehmer sich feste Tagesabläufe schaffen, Arbeitszeit und Freizeit räumlich trennen und den Arbeitsbereich nach  Feierabend „symbolisch“ verlassen. Es sollten auf keinen Fall neue Gewohnheiten begonnen werden, wie z. B. das erste Glas schon zum Mittagessen, nur weil es niemand mitbekommt.

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