Sozialversicherung - 29.08.2022

Reform: Mindestlohn, Minijobs, Midijobs

Ab dem 1. Oktober 2022 wird der Mindestlohn auf 12 EUR pro Stunde angehoben. Gleichzeitig steigen die Entgeltgrenzen für geringfügig entlohnte Beschäftigte von 450 EUR auf 520 EUR sowie für Beschäftigungen im Übergangsbereich von 1.300 EUR auf 1.600 EUR. Wir geben einen Überblick zu den Neuregelungen.

Mindestlohn steigt 2022 in drei Schritten

Im Jahr 2015 wurde in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR brutto pro Arbeitsstunde eingeführt. Seither wurde er regelmäßig erhöht. Eine unabhängige Kommission der Tarifpartner (Vertreter der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften), die Mindestlohnkommission, schlägt der Bundesregierung alle zwei Jahre vor, in welcher Höhe der Mindestlohn angepasst werden sollte. Auf dieser Basis entscheidet die Bundesregierung über die Neufestsetzung.

In diesem Jahr gibt es gleich drei Anpassungen: Auf Empfehlung der Mindestlohnkommission wurde der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2022 von 9,60 EUR pro Stunde auf 9,82 EUR erhöht. Zum 1. Juli 2022 erfolgte – ebenfalls auf Basis der Empfehlung der Mindestlohnkommission – eine weitere Anhebung auf 10,45 EUR pro Stunde. Darüber hinaus wurde am 30. Juni 2022 das sog. Mindestlohnerhöhungsgesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Damit wird zum 1. Oktober 2022 eine einmalige gesetzliche Erhöhung des Mindestlohnes auf 12,00 EUR pro Stunde vorgenommen. Zukünftige Anpassungen erfolgen dann wie bisher auf Vorschlag der Mindestlohnkommission erstmals wieder bis zum 30. Juni 2023 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2024.

Dynamische Geringfügigkeitsgrenze

Aktuell gilt für geringfügig entlohnte Beschäftigungen eine Entgeltgrenze von 450,00 EUR. Diese Grenze wurde im Jahr 2013 eingeführt und bislang nicht dynamisiert. Für Arbeitnehmer, die den gesetzlichen Mindestlohn erhalten und die Geringfügigkeitsgrenze voll ausschöpfen, führte dies zu einem Problem. Mit jeder Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns mussten sie ihre wöchentliche Arbeitszeit reduzieren, wollten sie nicht versicherungspflichtig werden – zuletzt zum 1. Juli 2022.

Solche Probleme gehören bald der Vergangenheit an: Vom 1. Oktober 2022 an orientiert sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 Stunden vervielfacht, durch drei Monate geteilt und ggf. auf volle Euro aufgerundet wird. Solange der gesetzliche Mindestlohn 12,00 EUR pro Stunde beträgt, ergibt sich eine Grenze von 520,00 EUR im Monat. Künftig wird die Geringfügigkeitsgrenze regelmäßig gemeinsam mit der Dynamisierung des Mindestlohns angepasst, sodass dauerhaft eine maximale Wochenarbeitszeit von 10 Stunden unter Mindestlohnbedingungen ermöglicht wird.

Beispiel Minijobgrenze

Sachverhalt:
Ein Minijobber erhält im Juni 2022 den gesetzlichen Mindestlohn von 9,82 EUR und arbeitet 45 Stunden pro Monat.

Beurteilung:
Bis zum 30. Juni 2022 wird die Geringfügigkeitsgrenze mit 441,90 EUR nicht überschritten. Ab dem 1. Juli 2022 wird die Grenze aufgrund des gestiegenen Mindestlohns überschritten (45 Stunden x 10,45 EUR = 470,25 EUR). Die monatliche Stundenzahl muss auf 43 Stunden angepasst werden, da sonst in der Beschäftigung Sozialversicherungspflicht eintritt.

Zum 1. Oktober 2022 wird die erhöhte Geringfügigkeitsgrenze von 520,00 EUR bei 43 Arbeitsstunden pro Monat mit 516,00 EUR weiterhin nicht überschritten. Die Beschäftigung ist nach wie vor geringfügig entlohnt.

Änderungen im Übergangsbereich

Zum 1. Oktober 2022 ergreift der Gesetzgeber zudem Maßnahmen, die die Aufnahme von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen fördern sollen. Die Höchstgrenze für Beschäftigungen im Übergangsbereich (sog. Midijobs) wird von monatlich 1.300,00 EUR auf 1.600,00 EUR angehoben.

Außerdem werden die Beschäftigten innerhalb des Übergangsbereichs noch stärker entlastet. Arbeitnehmer mit einem Arbeitsentgelt im unteren Übergangsbereich zahlen geringere Anteile an den Sozialversicherungsbeiträgen. Der Belastungssprung beim Übergang aus einer geringfügig entlohnten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wird geglättet. Damit werden die Anreize erhöht, über einen Minijob hinaus erwerbstätig zu sein.

Der Arbeitgeberbeitrag wird oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 Prozent angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Inhalt zwischenzeitlich veraltet sein könnte.

Keine Ausgabe mehr verpassen? Hier abonnieren.