Personalpraxis - 28.04.2021

Konflikte unter Kollegen auf Distanz lösen

In jedem Unternehmen gibt es gelegentlich Konflikte unter den Kollegen. Und viele Firmen haben Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiten und sich kaum oder gar nicht sehen – teils schon ein ganzes Jahr lang. Wie lässt sich das Team auch unter den erschwerten Bedingungen konstruktiv führen?

Konflikte unter Kollegen auf Distanz lösen
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Kommunikation richtig steuern

Die Arbeit mit zeitweilig oder dauerhaft extern tätigen Mitarbeitern stellt jede Führungskraft vor besondere Aufgaben. Eine davon ist die Arbeitsorganisation, eine weitere die Ermittlung und Lösung von Konflikten. Denn wie lässt sich feststellen, zwischen welchen Mitarbeitern Konflikte bestehen, wenn man einen davon oder gar beide nicht persönlich zu Gesicht bekommt? Und wie lässt sich ein produktives Arbeitsklima aufrechterhalten?

Für Führungskräfte bedeuten ortsdiverse Teams vor allem, dass eine faire und offene Kommunikation aufgebaut werden muss. Zum einen sollen die Teammitglieder regelmäßig und auch ausführlich untereinander kommunizieren, um ihre Arbeit zu organisieren. Zum anderen muss auch die Führungskraft zu den Teammitgliedern einen vergleichbaren Kontakt halten, sowohl bei der Frequenz als auch in der Ausführlichkeit. Die Führungskraft muss dafür sorgen, dass jedes Teammitglied alle für seine Arbeit erforderlichen Informationen erhält.

Was für ein Vor-Ort-Team gilt, ist bei einem auf mehrere Homeoffices verstreuten Team noch viel wichtiger. Wenn sich ein Teammitglied von Informationen abgeschnitten sieht oder nur unwillig, selten und kurzangebunden kontaktiert wird, wenn es Probleme gibt, fühlt es sich nicht ins Team integriert. Um sicherzustellen, dass alle dieselben Informationen zeitgleich von derselben Person erhalten und niemand benachteiligt wird, ist die Videokonferenz das Mittel der Wahl. Sie hat neben der symmetrischen Kommunikation, bei der jeder nachfragen kann und alle dieselbe Antwort hören, den Vorteil, dass auch nonverbale Signale übertragen werden, etwa die emotionale Reaktion auf einen Vorschlag oder der Gesichtsausdruck. Wichtig: An jeder Videokonferenz muss das gesamte Team teilnehmen können – alles andere wäre bewusstes Vorenthalten von Informationen.

Intuition und objektive Bewertung

Viele Führungskräfte glauben, dass sie es einem Mitarbeiter schon anmerken würden, wenn er Probleme hat oder ein Konflikt besteht. Das ist leider nur selten zutreffend. Konflikte werden im Berufsalltag oft erst erkennbar, wenn Personen absichtlich geschnitten, benachteiligt, beleidigt oder verbal herabgewürdigt werden – oder wenn die Leistung einbricht. Dann sind die Probleme aber schon weit fortgeschritten und die Fronten verhärtet. Die Führungskraft muss solche Zwischentöne möglichst früh wahrnehmen und die Beteiligten um eine Lösung des Problems bitten, denn von selbst klären sich Konflikte nicht und sie sind auch nicht Privatsache der Beteiligten, sondern beeinträchtigen das Arbeitsergebnis und können auf grundlegende Missstände im Unternehmen hinweisen. Dabei gilt: Konflikte sind in Gruppen normal. Sie dürfen nicht umgangen oder ignoriert, sondern sollten konstruktiv gelöst werden. Gut streiten verbindet ein Team, Harmoniezwang spaltet es.

Mitarbeiter sind oft sehr gut darin, Konflikte zu überspielen – vor allem, wenn es sich um Konflikte mit der Führungskraft selbst oder mit Kollegen handelt, die von der Führungskraft bevorzugt werden. Es erfordert einige Professionalität, solche Zusammenhänge zu erkennen und sich selbst einzugestehen, dass das eigene Verhalten zu Verärgerung oder Konflikten mit einzelnen Kollegen beiträgt. In Fällen, in denen die Führungskraft selbst nicht mehr Vermittler sein kann, sollte ggf. ein externer Mediator herangezogen werden, der ohne persönliche Verbindungen bei der Konfliktlösung hilft.

Konflikte im Job konstruktiv lösen

  • Übernehmen Sie als Führungskraft die Verantwortung. Sollen weitere Personen wie etwa der Betriebsrat hinzugezogen werden, holen Sie sie frühzeitig ins Boot.
  • Ermitteln Sie in Einzelgesprächen mit den Beteiligten, worum es im Konflikt geht. Fragen Sie so lange sachlich nach, bis die Emotionen zurückstehen.
  • Prüfen Sie, mit welchen Veränderungen die Konfliktgegner in letzter Zeit umgehen mussten – beruflicher oder privater Natur.
  • Machen Sie keiner der Konfliktparteien Vorwürfe, drohen Sie nicht mit Sanktionen und bleiben Sie unbedingt neutral – in der Sache wie auch emotional.
  • Erfragen Sie, wie die Lösung des Problems aus Sicht der Kontrahenten ausfallen sollte und welche Kompromisse sie akzeptieren würden. Erarbeiten Sie daraus einen Lösungsvorschlag, bei dem beide Parteien ihr Gesicht wahren, und lassen Sie sich eine Rückmeldung geben. Schritt für Schritt bildet sich so ein Kompromiss.
  • Scheuen Sie sich nicht, eine nicht beteiligte Führungskraft oder einen externen Mediator hinzuzuziehen, wenn Sie allein nicht weiterkommen.

Kontakt halten und ein offenes Ohr haben

Gerade bei Führung auf Distanz muss die Führungskraft regelmäßig seine Mitarbeiter kontaktieren und in einem vertrauensvollen Gespräch frühzeitig ermitteln, ob und wo es Konflikte gibt – sei es mit Kollegen, Kunden oder Vorgesetzten.

Gelegentlich gibt es im virtuellen Raum auch Kommunikations- und Wahrnehmungsprobleme, die ohne persönliche Rückkopplung eskalieren. Schon kleine Abweichungen vom üblichen Verhalten (auffälliges Schweigen, ironisierender Tonfall etc.) können auf emotionale Probleme hindeuten. Besonders Sticheleien oder Lästereien über immer dieselben Kollegen deuten auf Konflikte hin. Aber auch private Belastungen wie Home-Schooling, Pflege oder Tod von Angehörigen oder die Sorge vor Corona können dazu führen, dass sich schwelende berufliche Konflikte verschärfen – dann sollte umgehend eingegriffen werden, bevor sie weiter eskalieren. Dabei sollte möglichst ein Präsenzgespräch unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen geführt werden, hier fehlt dem Telefonat oder der Videokonferenz die „Chemie“.

Praxistipp

Weitere Informationen zur Konfliktlösung am Arbeitsplatz enthält das Handbuch für Führungskräfte des Landesinstituts für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Inhalt zwischenzeitlich veraltet sein könnte.

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