Mit dem Entwurf des Achten SGB IV-Änderungsgesetzes bringt die Bundesregierung u. a. eine ganze Reihe von Änderungen im Beitrags- und Melderecht auf den Weg. Damit soll u.a. der Datenaustausch zwischen den Arbeitgebern und Sozialversicherungsträgern verbessert werden.
Hinzuverdienst neben Rentenbezug
Bislang waren bei Beziehern von Altersrenten bis zur Vollendung des individuellen Regelrentenalters bestimmte Hinzuverdienstgrenzen zu beachten. Bei Überschreiten der für sie geltenden Hinzuverdienstgrenzen wurde die Rente gekürzt (Teilrente). Während der Corona-Pandemie stieg die allgemeine Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 EUR (14-fache Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von 450,00 EUR) vorübergehend auf 46.060,00 EUR (14-fache Bezugsgröße in Höhe von 3.290,00 EUR) im Jahr. Der nun vorgelegte Reformvorschlag macht für Bezieher von Altersrenten ab dem 1. Januar 2023 Schluss mit der Einkommensanrechnung. Alle sollen künftig – egal ob vor oder nach Vollendung des Regelrentenalters – unbegrenzt hinzuverdienen können.
Bei Beziehern von Renten wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung sieht es hingegen anders aus. Für sie sollen auch weiterhin Hinzuverdienstgrenzen gelten, welche sich aber stärker am Restleistungsvermögen orientieren. Bei voller Erwerbsminderung (< 3 Stunden/Tag) soll sich die Jahres-Hinzuverdienstgrenze auf einen Betrag von 3/8 der 14-fachen monatlichen Bezugsgröße belaufen (2023 voraussichtlich 17.823,75 EUR). Bei teilweiser Erwerbsminderung (≥ 3, aber < 6 Stunden/Tag) beträgt sie 6/8 der 14-fachen monatlichen Bezugsgröße (2023 voraussichtlich 35.647,50 EUR).
Sozialversicherungsausweis
Die Vorlagepflicht des SV-Ausweises (künftig: Versicherungsnummernachweis) soll zugunsten eines maschinellen Abfrageverfahrens abgelöst werden. Ist dem Arbeitgeber die Versicherungsnummer nicht bekannt, kann er diese einfach bei der Deutschen Rentenversicherung elektronisch abrufen. Das bedeutet, die bisher bereits bestehende Möglichkeit, das Abfrageverfahren zu nutzen, soll zum 1. Januar 2023 obligatorisch werden.
Abgegoltene Zeitguthaben
Einmalzahlungen, die mit großem zeitlichen Versatz nach Beschäftigungsende gezahlt werden, sind im bestehenden System oftmals beitragsfrei. Entgeltguthaben, die aus Arbeitszeitguthaben abgeleitet sind, sollen nach der Neuregelung stets dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum der beendeten Beschäftigung zugeordnet werden, egal wie lange dieser schon zurückliegt. Damit wird es ab 1. Januar 2023 zur Regel, dass diese Sonderzahlungen generell verbeitragt werden.
Verfahren bei Entsendung
Das bisherige elektronische Verfahren zur Beantragung und Erstellung von A1-Bescheinigungen bei Entsendung ins EU-/EWR-Ausland wird in seinen Grundzügen auf Staaten ausgedehnt, mit denen Deutschland ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat. Der Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung über die Anwendung des deutschen Sozialversicherungsrechts für die Dauer einer solchen Entsendung und die Rückmeldung des zuständigen Sozialversicherungsträgers sollen ab dem 1. Januar 2024 ebenfalls elektronisch möglich sein.
Krankenkassenwahlrecht
Seit dem 1. Januar 2021 kann die Krankenkasse recht einfach gewechselt werden, indem nur noch eine andere gesetzliche Krankenkasse gewählt wird. Die Neuwahl ersetzt sozusagen die förmliche Kündigung bei der bisherigen Kasse. Die aufnehmende Krankenkasse informiert die bisherige über die Wahlentscheidung des Mitglieds im Rahmen eines elektronischen Meldeverfahrens zwischen den Kassen. Hier sind bislang Fallkonstellationen denkbar, in denen beispielsweise bei Abgabe der Wahlerklärung am letzten Tag eines Monats die neugewählte Krankenkasse nicht in der Lage ist, die bisherige noch im zu Ende gehenden Monat über den Kassenwechsel zu informieren. Eine mögliche Verzögerung des Wechseltermins soll nunmehr dadurch verhindert werden, dass künftig der Tag des Eingangs der Wahlerklärung für den Zeitpunkt des Kassenwechsels entscheidend ist und nicht der Tag, an dem die neu gewählte Krankenkasse die bisherige mittels elektronischer Meldung informiert.
Neue Meldepflicht bei Elternzeit
Für Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen, sollen vom Arbeitgeber künftig der Beginn und das Ende gesondert gemeldet werden. Bei krankenversicherten Pflichtmitgliedern soll diese Meldepflicht aber nur gelten, wenn die Elternzeit mindestens einen Kalendermonat andauert. Bei freiwillig gesetzlich Krankenversicherten und bei Privatversicherten ist vorgesehen, dass die Meldungen auch bei einer Elternzeit mit einer Dauer von unter einem Kalendermonat übermittelt werden müssen. Damit Arbeitgeber und Softwarehersteller ausreichend Zeit zur Umsetzung dieser neuen Meldepflicht haben, ist als Umsetzungstermin der 1. Januar 2024 vorgesehen.
Unbedenklichkeitsbescheinigung
Die Arbeitgeber fordern Unbedenklichkeitsbescheinigungen derzeit auf unterschiedlichsten Wegen bei den Krankenkassen an. Diese Bescheinigungen sind u. a. für Vergabeverfahren erforderlich. Ab dem 1. Januar 2024 soll das Antrags- und Bescheinigungsverfahren digitalisiert werden, was zu einer spürbaren Entlastung und Zeitersparnis führen soll.
Softwarewechsel
Für die Durchführung einer elektronischen Betriebsprüfung (kurz: euBP) ist es erforderlich, alle prüfungsrelevanten Unterlagen bzw. Daten auch digital vorzuhalten. Wechseln Arbeitgeber ihr Entgeltabrechnungsprogramm, kann ein Informationsdefizit entstehen, welches bei der nächsten Betriebsprüfung für Mehrarbeit sorgt bzw. zu Problemen führt. Mit der beabsichtigten Neuregelung werden die Arbeitgeber bei Software- oder Dienstleisterwechseln mit Wirkung zum 1. Januar 2025 verpflichtet, die relevanten Informationen aus dem Alt-Entgeltabrechnungsprogramm an die Deutsche Rentenversicherung zu übermitteln. Diese hält die Daten bis zum Abschluss der Betriebsprüfung vor.