Sozialversicherung - 09.08.2023

PV-Beitragsabschlag: Welche Kinder zählen?

Am 1. Juli 2023 trat das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz in wesentlichen Teilen in Kraft. Danach werden Arbeitnehmer mit mehreren Kindern ab dem zweiten bis zum fünften Kind bei den Pflegeversicherungsbeiträgen mit einem Abschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten für jedes Kind entlastet.

Berücksichtigungsfähige Kinder

Durch das PUEG wurde der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung auf 3,40 Prozent und der Beitragszuschlag für Kinderlose auf 0,60 Prozent angehoben. Darüber hinaus werden vom zweiten bis zum fünften Kind bis zur Vollendung ihres 25. Lebensjahres Abschläge auf den Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 0,25 Prozent je Kind berücksichtigt.

Mittlerweile hat der GKV-Spitzenverband Details zur konkreten Umsetzung der gesetzlichen Neuregelungen veröffentlicht.

Wie zuvor schon für den PV-Beitragszuschlag wurde konkretisiert, welche Kinder bei der Feststellung der Elterneigenschaft sowie bei der Ermittlung des PV-Beitragsabschlags berücksichtigt werden können. Es handelt sich dabei um:

  • leibliche Kinder
  • Adoptivkinder
  • Pflegekinder
  • Stiefkinder

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kinder im Ausland geboren sind oder im Ausland leben und wie alt die entsprechenden Arbeitnehmer sind, die vom Beitragsabschlag partizipieren. Berücksichtigungsfähig sind Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Ablauf des Monats, in dem das jeweilige Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat oder bei verstorbenen Kindern vollendet hätte.

Für Kinder mit einer Schwerbehinderung gibt es anders als bei der kostenfreien Familienversicherung in der Pflegeversicherung keine Sonderregelungen. Der Abschlag wird ebenfalls längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des behinderten Kindes berücksichtigt.

Praxistipp

Berücksichtigungsfähige Kinder wirken sich bei allen relevanten Elternteilen beitragsmindernd auf den Pflegeversicherungsbeitrag aus. Das bedeutet konkret: Der Abschlag kann in der betrieblichen Praxis auch bei mehr als zwei Elternteilen zur Anwendung kommen. Beispielsweise bei einer Scheidung der leiblichen Eltern, Wiederheirat eines Elternteils und Aufnahme des Stiefkindes in den Haushalt des neuen Ehepartners.

Besonderheiten bei Adoptiv- und Stiefkindern

Adoptiv- und Stiefkinder können nur dann beim PV-Beitragsabschlag berücksichtigt werden, wenn sie zu einem Zeitpunkt, in dem ein Anspruch auf Familienversicherung in der Pflegeversicherung bestand, in die Familie des Arbeitnehmers eingetreten sind. Dies entspricht der bereits maßgebenden Regelung zur Berücksichtigung von Adoptiv- und Stiefkindern bei der Befreiung vom PV-Beitragszuschlag. Die für die Familienversicherung vorgesehenen Altersgrenzen für Kinder sind grundsätzlich das 18. Lebensjahr, bei Kindern ohne Erwerbstätigkeit das 23. Lebensjahr, bei Kindern in Schul- oder Berufsausbildung oder bei Ableistung eines Freiwilligendienstes das 25. Lebensjahr.

Bei Stiefkindern ist zudem eine Aufnahme in den Haushalt des Arbeitnehmers erforderlich. Diese liegt dann vor, wenn eine auf längere Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft zwischen dem Arbeitnehmer und dem Stiefkind begründet wird. Hat das Stiefkind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Haushalt des Arbeitnehmers, kann von einer Haushaltsaufnahme ausgegangen werden.

Die Stiefelterneigenschaft bleibt bestehen, selbst wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft, durch die das Stiefkindsverhältnis begründet wurde, geschieden oder aufgelöst wird oder der leibliche Elternteil verstirbt. Bei Adoptivkindern endet die Elterneigenschaft bei den leiblichen Eltern zum Zeitpunkt der Zustellung des Adoptionsbeschlusses an den/die Annehmenden.

Praxistipp

Sofern in der betrieblichen Praxis Zweifel bestehen, ob ein Adoptiv- oder Stiefkind beim Beitragsabschlag berücksichtigt werden kann, können sich Arbeitgeber an die Krankenkasse des Arbeitnehmers wenden, die dann über die Berücksichtigung bei der Abschlagsermittlung entscheidet.

Übergangsregelung: Vereinfachtes Nachweisverfahren

Um den Verwaltungsaufwand für die Arbeitgeber zu minimieren, soll bis zum 31. März 2025 ein digitales Verfahren zur Erhebung und zum Nachweis der Elterneigenschaft entwickelt und eingerichtet werden. Bis dieses bereitsteht, ist in einer Übergangszeit vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2025 ein vereinfachtes Nachweisverfahren vorgesehen, das nun konkretisiert wurde:

  • Arbeitgebern bereits bekannte Kinder können ohne weitere Nachweise oder Nachfragen bei den Arbeitnehmern berücksichtigt werden.
  • Bei weiteren Kindern ist es ausreichend, wenn Arbeitnehmer die Anzahl ihrer unter 25-jährigen Kinder dem Arbeitgeber auf Anfrage mitteilen. Auf die Vorlage und die damit verbundene Prüfung konkreter Nachweise wird in der Übergangszeit verzichtet. Es empfiehlt sich eine schriftliche Anfrage bei den Arbeitnehmern und Ablage der Antwort in den Entgeltunterlagen. Aber auch eine telefonische Abfrage mit entsprechender Dokumentation in den Entgeltunterlagen ist ausreichend.
  • Das vereinfachte Nachweisverfahren gilt bis zum 30. Juni 2025 auch für die Befreiung vom PV-Beitragszuschlag.

Praxistipp

Sofern die im vereinfachten Nachweisverfahren vom Arbeitnehmer mitgeteilten Angaben von den 2025 im digitalen Verfahren zur Verfügung gestellten Angaben oder von später im analogen Verfahren vorgelegten Nachweisen abweichen, erfolgt keine rückwirkende Korrektur zulasten des Arbeitnehmers.

Beitragsberechnung

Bei der Berechnung der Pflegeversicherungsbeiträge mindert der PV-Beitragsabschlag für die berücksichtigungsfähigen Kinder ausschließlich den Arbeitnehmeranteil. Der Arbeitgeberanteil beträgt losgelöst von der Anzahl der Kinder 1,7 Prozent (im Bundesland Sachsen 1,2 Prozent).

In Fällen wie diesen, in denen die Beiträge vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer nicht jeweils zur Hälfte getragen werden, ergibt sich der Beitrag laut Beitragsverfahrensverordnung (BVV) aus der Summe der getrennt berechneten Anteile. Die Beitragsabschläge werden im Beitragsnachweis nicht gesondert ausgewiesen, sondern im nachzuweisenden Beitrag zur Pflegeversicherung (Beitragsgruppen 0001 und 0002) berücksichtigt (siehe Beispiel 1).

Regelmäßiges Entgelt im Übergangsbereich

Der PV-Beitragsabschlag wird auch bei der Beitragsberechnung im Übergangsbereich berücksichtigt, er wird – wie der Beitragszuschlag für Kinderlose – gesondert berechnet. Im Unterschied zum Zuschlag, der bei kinderlosen Arbeitnehmern aus der reduzierten Bemessungsgrundlage für den Gesamtbeitrag zu berechnen ist, wird der Abschlag jedoch aus der Bemessungsgrundlage für den Arbeitnehmeranteil berechnet (siehe Beispiel 2).

Praxistipp

Durch die Erhöhung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung zum 1. Juli 2023 ändert sich der für die Beitragsberechnung im Übergangsbereich relevante Faktor F zunächst nicht, da sich unterjährige Beitragssatzänderungen auf die Ermittlung des Faktors nicht auswirken.

Beispiel 1

Sachverhalt:
Eine Arbeitnehmerin ist beschäftigt in Hamburg und hat zwei Kinder (12 und 15 Jahre alt). Ihr monatliches Gehalt beträgt 2.000 EUR.

Beurteilung:
Ab dem 1. Juli 2023 gilt ein Beitragssatz zur Pflegeversicherung von 3,15 Prozent. Der Arbeitgeberanteil beträgt 1,7 Prozent, der Arbeitnehmeranteil 1,45 Prozent. Die Beiträge zur Pflegeversicherung berechnen sich wie folgt:

Arbeitgeberanteil: 2.000 EUR x 1,7 Prozent = 34 EUR
Arbeitnehmeranteil: 2.000 EUR x 1,45 Prozent = 29 EUR

Beispiel 2

Sachverhalt:
Ein Arbeitnehmer ist beschäftigt in Erfurt und hat zwei Kinder (12 und 15 Jahre alt). Das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt beträgt 1.000,00 EUR.

Beurteilung:
Schritt 1
Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (verkürzte Formel):
1,1081459 x 1.000,00 EUR – 216,2918919 = 891,85 EUR

Schritt 2
Berechnung des Pflegeversicherungsbeitrags aus der fiktiven Einnahme:
891,85 EUR x 1,7 % x 2 = 30,32 EUR

Schritt 3
Berechnung des Arbeitgeberanteils:
30,32 EUR – 11,03 EUR = 19,29 EUR

Schritt 4
Berechnung der fiktiven beitragspflichtigen Einnahme für den Arbeitnehmeranteil:
1,3513514 x 1.000,00 EUR – 702,7027027027 = 648,65 EUR

Schritt 5
Berechnung des Arbeitnehmerbeitrags (noch ohne Berücksichtigung des Beitragsabschlags für die Kinder):
648,65 EUR x 1,7 % = 11,03 EUR

Schritt 6
Berücksichtigung des Beitragsabschlags für die Kinder:
648,65 EUR x 0,25 % = 1,62 EUR
Arbeitnehmeranteil: 11,03 EUR – 1,62 EUR = 9,41 EUR

Schritt 7
Berechnung Arbeitnehmeranteil (inkl. PV-Beitragsabschlag):
11,03 EUR – 1,62 EUR = 9,41 EUR

Schritt 8
Berechnung Gesamtbeitrag (Beitragsgruppe 0001 im Beitragsnachweis):
9,41 EUR + 19,29 EUR = 28,70 EUR

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