Sozialversicherung - 09.02.2024

Stärkung der betrieblichen Weiterbildung

Strukturwandel, Digitalisierung, Fachkräftemangel – die Unternehmen sind vor große Herausforderungen gestellt. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung das sog. Weiterbildungsgesetz beschlossen, das ab 2024 die Förderung für die Weiterbildung Beschäftigter und Ausbildungssuchender verbessern soll. Hierfür wird u.a. ab 1. April 2024 ein Qualifizierungsgeld eingeführt.

Verbesserung der Beschäftigtenförderung

Bereits mit dem sog. Arbeit-von-morgen-Gesetz („Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung“) von 2020 wurde die Weiterbildungsförderung nach § 82 SGB III durch die BA verbessert. Mit dem am 17. Juli 2023 beschlossenen neuen Weiterbildungsgesetz sind diese Fördermöglichkeiten erweitert und für Unternehmen leichter zugänglich gemacht worden. Auf diese Weise soll der beschleunigten Transformation in der Arbeitswelt Rechnung getragen werden.

Die aktuelle Reform der Weiterbildungsförderung für Beschäftigte vereinfacht den Zugang zu den Weiterbildungsangeboten und macht die Fördermöglichkeiten transparenter. So entfällt ab dem 1. April 2024 die bislang zwingende Voraussetzung für eine Weiterbildungsförderung – die Betroffenheit der Tätigkeit vom Strukturwandel bzw. eine Weiterbildung in einem Engpassberuf. Diese wird nun angesichts des allgemeinen, d. h. nahezu alle Wirtschaftsbereiche betreffenden Strukturwandels unterstellt.

Darüber hinaus sollen ab dem 1. April 2024 vereinfachte Voraussetzungen für die Förderung, feste Fördersätze in Abhängigkeit von der Betriebsgröße und weniger Förderkombinationen gelten, um die Weiterbildungsstruktur nachvollziehbarer zu gestalten. Auch werden die Erstattung der Lehrgangskosten sowie Zuschüsse zum Arbeitsentgelt während der beruflichen Weiterbildung durch die BA ausgeweitet.

Ältere und schwerbehinderte Arbeitnehmer

Um die Beschäftigungsfähigkeit von älteren (Vollendung des 45. Lebensjahres bei Teilnahmebeginn) sowie schwerbehinderten Arbeitnehmern zu sichern, erfolgt bei Betrieben mit weniger als 500 (bislang 250) Beschäftigten hinsichtlich der Lehrgangskosten eine 100-Prozent-Förderung. Dies soll die Prüfarbeit und Ermessensentscheidung der BA über eine Förderung erleichtern, die auch weiterhin über eine Kostenübernahme entscheidet. Innerbetriebliche Weiterbildungsmaßnahmen bleiben von der Förderung durch die BA ausgeschlossen (§ 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III).

Praxistipp

Die Fördermöglichkeiten gelten auch für Arbeitnehmer, deren Berufsabschluss bzw. deren letzte nach § 82 SGB III geförderte Maßnahme erst zwei Jahre (bisher: vier Jahre) zurückliegt.

Neu: Das Qualifizierungsgeld

Unternehmen haben die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen bei der BA ein sog. Qualifizierungsgeld für ihre Arbeitnehmer für die Dauer einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zu beantragen, erhalten es aber frühestens ab dem 1. April 2024. Das Qualifizierungsgeld kann für Weiterbildungen von Beschäftigten genutzt werden, deren Arbeitsplätze aufgrund des anhaltenden Strukturwandels gefährdet sind und denen mit der Maßnahme eine zukunftssichere Beschäftigungsperspektive eröffnet wird. Vorausgesetzt wird, dass

  • innerhalb der nächsten drei Jahre mindestens 20 Prozent der Arbeitsplätze im Betrieb gefährdet sind (bei Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten mindestens 10 Prozent) und
  • eine entsprechende Betriebsvereinbarung oder ein betriebsbezogener Tarifvertrag hierüber vorliegt. Bei Betrieben mit weniger als 10 Beschäftigten ist stattdessen eine schriftliche Erklärung des Arbeitgebers zu den Qualifizierungsbedarfen ausreichend.

Das Qualifizierungsgeld beträgt 60 Prozent (bzw. 67 Prozent für Arbeitnehmer, die analog beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden) des Nettoentgelts, es wird als Entgeltersatz während der Weiterbildungsmaßnahme geleistet. Optional können Arbeitgeber es aufstocken. Referenzzeitraum ist der letzte Entgeltabrechnungszeitraum. Das Ist-Entgelt wird fiktiv unter Annahme des vereinbarten Umfangs des weiterbildungsbedingten Arbeitsausfalls berechnet.

Für die Bewilligung des Qualifizierungsgeldes müssen Dauer und Umfang der Weiterbildung, deren Kosten allein vom Arbeitgeber getragen werden, bereits beim Antrag feststehen. Dieser ist vom Arbeitgeber spätestens drei Monate vor Beginn der beruflichen Weiterbildung bei der BA zu stellen. Das Qualifizierungsgeld wird unabhängig von der Betriebsgröße, dem Alter und der Qualifikation der Beschäftigten geleistet.

Praxistipp

Eine Inanspruchnahme von Qualifizierungsgeld ist nicht möglich, wenn für die gleiche Maßnahme bereits Förderleistungen nach § 82 SGB III beantragt wurden.

Weiterbildung während Kurzarbeit

Bereits während der Corona-Krise wurden mit dem sog. Arbeit-von-morgen-Gesetz bzw. dem Beschäftigungssicherungsgesetz Anreize für Arbeitgeber geschaffen, ihre Beschäftigten während der Zeit einer betrieblichen Kurzarbeit weiter zu qualifizieren (§ 106a SGB III). Die Sonderregelung wurde durch das Weiterbildungsgesetz bis zum 31. Juli 2024 – und damit um ein Jahr – verlängert. Arbeitgebern werden hierfür auf Antrag 50 Prozent der von ihnen allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge in pauschalierter Form erstattet. Voraussetzung für die Förderung ist, dass

Auch die Lehrgangskosten können in Abhängigkeit von der Betriebsgröße auf Antrag zu 15, 25, 50 oder sogar 100 Prozent erstattet werden – vorausgesetzt, die Weiterbildungsmaßnahme dauert länger als 120 Stunden und sowohl Maßnahme als auch Träger sind von der BA zugelassen. Für Maßnahmen, die auf ein nach dem AFBG förderfähiges Fortbildungsziel vorbereiten, können keine Lehrgangskosten erstattet werden.

Die BA hat Anfang 2024 ein neues „Nationales Onlineportal für berufliche Weiterbildung“ (NOW) freigeschaltet, um Informationen zu dem Thema für Privatpersonen, Unternehmen und Weiterbildungsanbieter zu bündeln. So soll es einfacher werden, den Überblick zu behalten und Weiterbildungsangebote zu finden, die wirklich zu den eigenen Bedürfnissen passen.

Praxistipp

Förderleistungen für Maßnahmen, die während der Kurzarbeit begonnen wurden, sind ausschließlich nach der Sonderregelung des § 106a SGB III möglich und nicht nach der allgemeinen Weiterbildungsförderung gemäß § 82 SGB III.

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