Die nächste Ausgabe erscheint am 01.07.2024.

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„Digitale Identitäten können auch das Gesundheitssystem deutlich vereinfachen“

Businessman using a computer to document management concept, onl

Für ein modernes Gesundheitswesen ist ein digitales Identitätsmanagement von zentraler Bedeutung. Für die Akzeptanz der Versicherten braucht es aber gute Anwendungsmöglichkeiten. Denn im Vordergrund steht für Versicherte immer ein Ziel, für das die Identifikation nur ein notwendiger Schritt ist. Um unseren Alltag wirklich zu erleichtern, muss also nicht nur die Identifizierung selbst, sondern auch die Einbindung in Onlinedienste reibungslos und natürlich auch vertrauenswürdig erfolgen.

Felix Buhrmann

2024 wird sich bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens nun endlich genau das verbessern: alle gesetzlichen Krankenkassen müssen ihren Versicherten dann die Anlage digitale Identitäten anbieten. Geht es jetzt also endlich richtig los? Im Gespräch mit Felix Buhrmann, Datenanalyst und offizieller Ombudsmann zum Fachthema elektronische Patientenakte (ePA) bei der BKK W&F.

Herr Buhrmann, wie ist es heute um die Digitalisierung des Gesundheitswesens bestellt?

Wir sind auf dem richtigen Weg. Mit den Regelungen des DigiG (Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens Digitalgesetz, die Red.) macht die Digitalisierung zum Jahreswechsel einen echten Schritt in Richtung Alltag. Dazu beitragen wird beispielsweise die nun hoffentlich wirklich finale und für alle Beteiligten verpflichtende Einführung des eRezepts. Ein weiterer Meilenstein wäre das das Inkrafttreten des GDNG (Gesundheitsdatennutzungsgesetz, die Red.): wenn wir auf dieser Basis zukünftig tatsächlich die Daten unserer Versicherten für eine individuelle Beratung nutzen dürften, wäre das ein großes Plus für Versorgung und Prävention.

Heben wir damit auch das Potenzial digitaler Identitäten?

Die digitale Identität im Gesundheitswesen – manchmal auch GesundheitsID genannt – kann in der Tat für mehr Komfort bei digitalen Gesundheitsdiensten sorgen. Denn die Versicherten erhalten damit die Möglichkeit, einen Zentralschlüssel für Gesundheitsanwendungen wie die elektronische Patientenakte (ePA) oder die Online-Geschäftsstelle in ihrer Hand zu halten. Und während die PIN zur Gesundheitskarte als eine mögliche Option noch relativ wenig verbreitet ist, erfreut sich die ebenfalls mögliche Nutzung der Online-Ausweisfunktion (eID) bereits seit 10 Jahren stetig steigender Beliebtheit. Auch auch für Versicherte der BKK W&F ist die GesundheitsID keine echte Neuheit. Denn sowohl die App zur ePA als auch die zur Onlinegeschäftsstelle (OGS) nutzen bereits heute das gleiche Identitäts-Management-System. Und selbst das heute noch eher wenig genutzte eRezept lässt sich bereits nutzen.

Trotzdem wird die digitale Identität auch bei Versicherten anderer Krankenkassen zumindest für die zugegebenermaßen derzeit noch eher die Minderheit stellende Gruppe bereits eine ePA nutzender Versicherte zunächst eher als (weitere) Belastung wahrgenommen werden. Denn der bisher mögliche biometrische Zugang entfällt aufgrund neuer datenschutzrechtlicher Vorgaben und auch die Gerätebindung muss zumindest beim komfortableren Loginverfahren über einen App-Code nach spätestens sechs Monaten erneuert werden.

Langfristig hat eine digitale Identität aber durchaus das Potential, eine Alternative zur elektronischen Gesundheitskarte zu werden. Und dieses derzeit -vom Gesetzgeber noch nicht konkretisierte- Vorhaben würden wir auch unterstützen, denn es würde vieles einfacher machen: Unsere Versicherten brauchen dann keine Karte mehr im Geldbeutel mit sich tragen oder wie bisher eher umständlich an Ihr Handy halten, wenn sensible digitale Anwendungen geöffnet werden sollen. Und auch Leistungserbringer bräuchten dann keine fehleranfälligen Lesegeräte. Im DigiG steht aber auch, dass Notfalldaten offline auf der eGK gespeichert werden sollen. Das ist einerseits verständlich, denn wir brauchen für solch wichtige Informationen auch eine ausfallsichere Alternative, falls der Zugriff auf Online-Systeme gestört ist. Andererseits vermisse ich da eine offene, innovative Haltung: Ich halte es für viel sinnvoller, im Gesetz nur die wichtigsten Pflöcke einzuschlagen und die Ausgestaltung der Details dann abseits des Gesetzgebungsprozesses zu verorten. Das ermöglicht eine viel flexiblere Weiterentwicklung der Digitalisierung.

Im DigiG steht, dass in Zukunft die Regelungen zu den Digitalen Identitäten nur noch „im Benehmen“ anstatt „im Einvernehmen“ mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit erfolgen müssen. Erwarten Sie sich davon eine Erleichterung?

Das wird sich zeigen. Für die Spezifikation und die Entwicklung der Anwendungen, ist es vielleicht tatsächlich eine Erleichterung. Aber die Datenschutzaufsicht bleibt ja beim BfdI bzw. den anderen entsprechend zuständigen Landesbehörden. Und in dieser Funktion können sie uns Krankenkassen weiterhin den Einsatz von Applikationen untersagen, die aus ihrer Sicht nicht datenschutzkonform sind. Was machen wir dann, wenn der Gesetzgeber uns etwas vorschreibt – beispielsweise bei der Ausgestaltung der ePA – die Datenschutzbehörden es uns aber verbieten? Eine ähnliche Situation hatten wir bereits bei der Einführung der ePA 2021. Um das Vertrauen der Versicherten in die Digitale Infrastruktur zu schaffen brauchen wir einen sicheren Rechtsrahmen und eine leicht bedienbare Software.

Vielen Dank für das Gespräch.

Hintergrund: Digitalgesetze 2024/2025

Das Digitalgesetz (DigiG) sieht vor, dass Anfang 2025 die elektronische Patientenakte (EPA) für alle gesetzlich Versicherten eingerichtet und zugleich auf das Widerspruchsverfahren (Opt-out) umgestellt wird. Die Apotheken sollen bei der Befüllung der EPA stärker eingebunden werden. Die Nutzung des E-Rezepts wird bereits ab dem 1. Januar 2024 zur Pflicht.

Mit dem GDNG wird den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen die stärkere Nutzung ihrer Daten ermöglicht, wenn dies der besseren Versorgung dient, beispielsweise der Arzneimitteltherapiesicherheit oder der Erkennung von Krebserkrankungen oder seltenen Erkrankungen.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Inhalt zwischenzeitlich veraltet sein könnte.

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