Interview: Auf dem Weg in eine neue Zeit

Karriere
Thorben Weichgrebe Marketing Portrait

Die Zeiten von Stift, Papier und Fax sind endgültig vorbei –die BKK WIRTSCHAFT & FINANZEN ist auf dem Weg in eine neue Zeit. Diese digitale Transformation bringt Chancen aber auch hohe Anforderungen. Wie kann eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie gestaltet sein, bei der die Versicherten im Mittelpunkt stehen? Wie werden die strengen Vorgaben beim Datenschutz und der Sicherheit umgesetzt?

Thorben Weichgrebe (Unternehmensentwicklung) im Gespräch über Meilensteine, Ziele und Visionen.

Die gesetzliche Krankenversicherung galten lange Zeit als digitale Dinosaurier. War wirklich nur Corona hier als offensichtlich Faktor für ein Umdenken verantwortlich?

Weichgrebe: Nein. Schon vor der Pandemie waren digitale Angebote ein zentrales Thema für Krankenkassen. Denn sie kommen dem allgemein veränderten Kommunikations- und Verbraucherverhalten entgegen und bieten zugleich auch vielfältige Nutzen rund um die Automatisierung von Prozessen und der Dunkelverarbeitung von Dokumenten. Corona war hier letztlich ein Beschleuniger. Auch wir waren Ende 2019 bereits mitten in einer digitalen Transformation, deren erste Meilensteine dann aber innerhalb sehr kurzer Zeit umgesetzt wurden.

Der Umbruch trifft die Krankenkassen in einer Zeit mit angespannten Finanzlage. Wie sehr wird die GKV hier unter Druck gesetzt?

Weichgrebe: Die Leistungsausweitungen des Gesetzgebers in den letzten Jahren können auch unabhängig von den deutlichen Mehrkosten gestörter Lieferketten durch Pandemie und Krieg nicht mehr durch die allgemeine Lohnentwicklung ausgeglichen werden. Hinzu kommt: wir sind bereits seit vielen Jahren in einem hoch regulierten Markt mit strengen inhaltlichen und zeitlichen Anforderung in langwierige und kostspielige Großprojekte eingebunden, die wenig Spielräume für eigene Innovationen lassen. Nur ein Beispiel hierfür ist die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA), deren Sinn unbestritten hoch sein kann. In dem vom Gesetzgeber gegen alle Widerstände durchgesetzten Tempo war aber letztlich vorhersehbar, dass die Akzeptanz bei den Versicherten unter dem erst jetzt nach und nach zunehmenden Funktionsumfang leiden wird.  Kosten und Nutzen stehen hier daher bis dato noch in keinem gesundem Verhältnis. Eine echte erfolgreiche digitale Transformation des kompletten Unternehmens setzt zudem voraus, dass auch Kapazitäten für eine Veränderung interner Strukturen und Geschäftsprozesse vorhanden sind. Dazu braucht es finanzielle Ressourcen – ein echter Drahtseilakt.

Eine Teildisziplin der digitalen Transformation ist die Automatisierung. Wie ist die BKK W&F hier aufgestellt?

Weichgrebe: Krankenversicherung ist in vielen Kernprozessen nach wie vor ein Hochvolumengeschäft. Es erreichen uns beispielsweise immer noch mehrere Hundert Briefe am Tag mit Leistungsanträgen und Kostenerstattungsanfragen. Würden wir alle diese Dokumente auch heute noch manuell verarbeitet, hätten wir – auch durch das weiterhin sehr erfreuliche Wachstum der BKK W&F- große manuelle Aufwände. Aber kein Unternehmen kann es sich heute mehr leisten, Mitarbeitende mit zeitraubenden Copy-Paste-Arbeiten zu beschäftigen. Hier haben wir uns durch Automatisierung von Aufgaben befreit. Dazu gehört auch die Dunkelverarbeitungen, die ohne Einwirkung von außen durchgeführt werden. Mittlerweile werden so einzelne Leistungsprozesse ohne Eingriff der Sachbearbeitung bis zur Genehmigung geführt. Die Anzahl der Anwendungsfälle zu steigern ist aber nicht immer gleich einfach, da die noch nicht automatisierten Elemente in der Regel eine höhere Komplexität aufweisen. Erschwerend kommt dazu, dass in manchen Prozessen verschiedene IT-Systeme involviert sind.

Wie kommen Digitalisierung und Automatisierung bei den Mitarbeitenden an? Und auf was müssen Führungskräfte achten?

Weichgrebe: Eine hohe Automatisierungsreife ist ein klarer Wettbewerbsvorteil, auch als attraktiver Arbeitgeber in Zeiten eines stark zunehmenden Fachkräftemangels. Denn sie ermöglicht es Mitarbeitenden, spannenderen Tätigkeiten nachgehen zu können. Die Mitarbeiterakzeptanz steht und fällt aber mit der Kommunikation, denn natürlich sind damit auch Ängste verbunden. Hierzu braucht es zuerst eine Vision, welche mit der Organisation geteilt werden kann. Ebenso sind die Benefits für die Mitarbeitenden klar herüberzubringen. Eine proaktive und empathische Kommunikation ist daher notwendiger denn je. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass bei einer solchen Vorgehensweise die Motivation und Interesse an einer Mitarbeit steigen und man eigeninitiativ beginnt, nach neuen möglichen Einsatzgebieten zu suchen. Dies gelingt, wenn man aufzeigen kann, dass Automatisierung hilft, Ziele zu erreichen und das volle Potential erst ausgeschöpft wird, wenn abteilungsübergreifend gedacht wird.

Welche Vorteile ergeben sich durch die Digitalisierung für Versicherte?

Weichgrebe: Die Digitalisierung bringt auch aus Kundensicht neue Vorteile. Neben für alle Krankenkassen einheitlichen Neuerungen wie der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, dem elektronischen Rezept oder – ganz neu – nun auch dem elektronischen Heil- und Kostenplan für Zahnersatz stehen auch auf unserer eigenen Agenda viele interessante Projekte mit Mehrwerten für Versicherte. So führen wir im Herbst mit unserer neuen Online-Geschäftsstelle (OGS) ein intelligentes Online-Postfach ein, mit dem Versicherte automatisiert gänzlich auf briefliche Zusendungen verzichten können und neben Kosten auch Zustellungszeit gespart werden kann – natürlich nur, wenn Versicherte dies auch explizit wünschen. Mittelfristig wird die OGS mit der ePA zusammengeführt, damit die Mehrwerte der OGS rund um zusätzliche gesundheitsbezogene Funktionalitäten noch mehr zur Geltung kommen. Und über intelligente Chatbots werden wir zudem künftig Anfragen von Versicherten nicht mehr nur mit Standardantworten online bedienen, sondern auch individuellere Hilfestellungen anbieten.

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